Editorial: Islam in Deutschland Ausgabe 3/2015

Liebe Leserin, lieber Leser!

Kaum ein Tag vergeht, an dem die Medien nicht von ausländerfeindlichen Übergriffen in Deutschland berichten. Vor allem im Osten schlägt Flüchtlingen Fremdenhass und Islamophobie entgegen. Obwohl alle Fakten gegen eine Überfremdung oder Islamisierung Deutschlands sprechen, finden Bewegungen wie PEGIDA Gehör. Die Angst vor dem Islam geht vor allem bei denen um, die ihn nicht aus eigener Erfahrung kennen.

Ein Heft der evangelischen aspekte mit „Islam in Deutschland“ zu überschreiben, ist ein Wagnis. Denn zu vielfältig ist der Islam, als dass von „dem Islam“ in Deutschland zutreffend die Rede sein könnte. Ein Satz wie „der Islam gehört zu Deutschland“ (Christian Wulff) ist deshalb zwar ein politisch wirkungsmächtiges Statement. Er entbindet jedoch nicht davon, sich mit den unterschiedlichen Ausbildungen und Strömungen des Islam in Deutschland differenziert und z.T. auch kritisch auseinander zu setzen.

Wichtig ist uns bei dieser Auseinandersetzung, nicht einfach über Muslime zu schreiben, sondern sie auch selbst zu Wort kommen zu lassen, mit ihren sozialen Erfahrungen und religiösen Positionen. Die Wahl fiel mit Lale Akgün und Rabeya Müller auf zwei Vertreterinnen, für die ebenso wie für die Evangelische Akademikerschaft Glaube und Vernunft keine Gegensätze sind, sondern ein Geschwisterpaar, und die sich den religiösen Traditionen ihrer eigenen Religion ebenso verpflichtet wissen wie dem Erbe der Aufklärung. Ernüchternd ist dabei zu sehen, wie manche innerislamischen Spannungen diesen Vertreterinnen eines Islam mit Vernunft nicht weniger zusetzen als die Islamfeindlichkeit in Teilen der deutschen Bevölkerung.

Schlaglichter auf den Stand der Einführung des islamischen Religionsunterrichts an deutschen Schulen, auf die Entscheidungsgründe von jungen Menschen, die zum Islam konvertieren, und auf das Bild des Islam in deutschen Medien ergänzen das Bild um weitere Facetten. Bei alledem wird deutlich, wie verengt und gerade deshalb auch verängstigt die Wahrnehmung des Islam in Deutschland auf weite Strecken ist. Nötig sind darum nicht nur Aufrufe zur Integration, sondern vor allem wechselseitiger Respekt und die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen.

Im zweiten Hauptteil dieses Heftes blicken wir zurück auf die Anfänge der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und das Erbe der Bekennenden Kirche. Anlass dafür ist das 70-jährige Bestehen der EKD. Dass auch die evangelischen aspekte selbst in diesem Jahr ein kleines Jubiläum feiern, soll darüber nicht ganz vergessen werden. Als Nachfolger des Radius wurde unsere Zeitschrift vor einem Vierteljahrhundert gegründet, sodass in diesem Jahr die 100. Ausgabe erscheint. Wir danken allen Leserinnen und Lesern, die uns in diesen 25 Jahren die Treue gehalten haben, und hoffen,  Sie auch mit diesem Heft dafür ein bisschen zu belohnen!

Es grüßt Sie im Namen der ganzen Redaktion

Bertram Salzmann

 

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