Editorial: Überwachung Ausgabe 2/2016

Liebe Leserin, lieber Leser!

Allah ist dem Menschen näher als seine Halsschlagader, heißt es im Koran (Sure 50,16). Auch digitale Geräte begleiten uns im Alltag auf Schritt und Tritt. Selbst  wenn man vielleicht ein digitales Armband mit Puls- und Blutdruckmessung als Fitness-Tracker für übertrieben hält, so nutzen doch inzwischen fast alle, die ein Smartphone bei sich tragen, auch ein Navigationsprogramm, das zur Orientierung in einer fremden Umgebung unglaublich hilfreich sein kann.

Und Beziehungen zu anderen Menschen sind selbstverständlich mit den vielfachen Möglichkeiten digitaler Kommunikation verknüpft. Allerdings produzieren wir mit jeder Suchanfrage nach dem kürzesten Weg und mit jeder SMS oder Whatsapp-Nachricht auch Metadaten, die nach und nach zu einem immer dichteren Netz unserer Lebensäußerungen werden. Wem sollen diese Daten zur Verfügung stehen? Diese Frage stellt sich nicht nur im Zusammenhang staatlicher Überwachung sondern ebenso für privatwirtschaftliche Interessen.

„Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott“, sagt Martin Luther in seiner Katechismus-Erklärung zum ersten Gebot. Es kann heute nicht darum gehen, die Nutzung des Smartphones und anderer digitaler Endgeräte als Götzendienst zu brandmarken. Wesentlich ist allerdings, dass ich in der Gewöhnung an digitale Orientierungshilfen, die Fähigkeit zu eigener Orientierung nicht aufgebe und letztlich als scheinbar überflüssige menschliche Eigenschaft verlerne. Religion und Glaube können Übungsfelder für Eigenorientierung bleiben. Möge auch die Lektüre des aspekte-Hefts wie immer eine Anregung zu eigenem Denken sein, ganz gleich, ob Sie die Texte nun online oder in der klassischen Papierversion lesen.

Es grüßt Sie aus der Redaktion
Stephan Mühlich

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