Wie sehen junge Menschen in Europa ihre aktuelle Situation und ihre Zukunft? Wo liegen ihre Werte und Ziele? Wir konfrontieren die Ergebnisse einer europaweiten Studie mit Statements von jungen Menschen aus Deutschland.
Zukunftsoptimismus ist kein Merkmal der jungen Generation in Europa. Viele sorgen sich um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt, aber auch um Umweltprobleme, wachsende soziale Ungleichheit und den erstarkenden Nationalismus. Das hat eine europaweite Studie zur Situation der 18-34-Jährigen mit fast einer Million Teilnehmenden ergeben (Seitenzahlen im Weiteren beziehen sich auf diese Studie).
Zukunftssorgen und Vertrauensverlust
40 Prozent der jungen Europäer gehen davon aus, dass es ihnen im Vergleich zum Leben der Eltern schlechter gehen wird und ihren Kindern noch einmal schlechter als ihnen (S. 45). Trotzdem bleibt das politische Engagement verhalten. Das liegt vor allem an einem massiven Vertrauensverlust der politischen Institutionen. Nur 9 Prozent aller jungen Europäer haben positive Erfahrungen mit dem Engagement in einer politischen Organisation gemacht.
Etwas besser sieht es mit dem ehrenamtlichen Engagement aus: Immerhin 20 Prozent der jungen Europäer haben sich bereits in NGOs oder Hilfsorganisationen engagiert. Aber 27 Prozent der jungen Europäer schließen auch ein Engagement in NGOs und Hilfsorganisationen mangels Interesse für sich aus. Noch weniger Vertrauen als politische Einrichtungen genießen religiöse Institutionen. 86 Prozent der jungen Europäer bringt ihnen kein Vertrauen entgegen. Für ebenso viele spielt der Gottesglaube für das persönliche Glück keine Rolle mehr (S. 20).
Optimistischerer Blick in Deutschland
Die Situation in Deutschland weicht in wichtigen Punkten vom gesamteuropäischen Durchschnitt ab. So sehen junge Menschen in Deutschland ihre Zukunft deutlich optimistischer als die von überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit betroffenen jungen Menschen in Südeuropa. Das Thema Zuwanderung wird von den jungen Deutschen mit einem Anteil von 13 Prozent wesentlich seltener zu den drängendsten Sorgen gezählt als in vielen Nachbarländern, wo der Wert mehr als doppelt so hoch liegt (S. 25). Und auch das Potential für politisches Engagement fällt in Deutschland mit 44 Prozent mit Abstand am stärksten aus – in Griechenland beträgt es z.B. nur 13 Prozent (S. 20).
Der Blick auf die innereuropäischen Unterschiede lehrt, den Fokus nicht auf die Situation in Deutschland zu beschränken. In anderen europäischen Ländern „brodelt“ es deutlich mehr. In Griechenland, Italien, Spanien und Frankreich wären zwei Drittel der jungen Menschen sogar bereit, sich in nächster Zeit an einem Aufstand gegen „die an der Macht“ zu beteiligen (S. 27). Dies zeigt die Frustration, die breite Schichten der jungen Bevölkerung ergriffen hat, ohne dass ein Ventil dafür schon absehbar wäre.
„Generation What?“ lautet der Titel der großen europaweiten Online-Erhebung zur Lebenswelt von Menschen zwischen 18 bis 34 Jahren. Der Europabericht des SINUS-Instituts fasst die Ergebnisse der Studie aus Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz (einziges Nicht-EU-Land), Spanien und Tschechien zusammen (Generation What? Europabericht. © by SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg, 49 Seiten). Auch wenn die ausgewerteten Daten nicht die 18- bis 34-Jährigen aller EU-Staaten beinhalten, so umfassen sie mit 59 Prozent mehr als die Hälfte und sind repräsentativ für über 80 Millionen 18- bis 34-Jährige in Europa. In Deutschland wurde die Studie von BR, SWR und ZDF geleitet (www.generation-what.de).
Freunde und Familie, Erfolg und Freiheit
Kleine Umfrage zu Werten und Zielen der „Generation What?“
Nina Herrmann, 25 Jahre, Studentin
Für mich sind keine materiellen Dinge wichtig. Ich finde Liebe und Unterstützung von Familie und Freunden viel wichtiger. Für die Welt würde ich mir Frieden wünschen, und dass jeder Mensch gleich behandelt wird, egal welche Hautfarbe oder Geschlecht die Person hat.
Christin Weigelt, 20 Jahre, Azubi zur Bankkaufrau
Christian Knapp, 24 Jahre, Bergmann
Pia Zimmermann, 16 Jahre, Schülerin
Jens Ackermann, Jahre 28, Mitarbeiter in der Unternehmenskommunikation einer Krankenversicherung
Julia Johannsen, 29 Jahre, Freie Künstlerin und Galeristin
Moritz Abele, 17 Jahre, Schüler