Lutherland Erinnerungsorte, Reiserouten und Ausstellungen zum Reformationsjubiläum

In Thüringen hat Martin Luther seine Wurzeln. Aber nicht nur dieses Bundesland nimmt das Jubiläumsjahr zum Anlass, Orte hervorzuheben, an denen die Reformation ihre Spuren hinterließ.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat es sich nicht nehmen lassen, bei seinem Besuch in Namibia auch den Lutheranern seine Reverenz zu erweisen. Der Spitzenpolitiker der Linken stattete der dort im Mai tagenden zwölften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) einen Besuch ab, um sein Bundesland anlässlich des 500-Jahr-Jubiläums der Reformation als „Lutherland“ zu präsentieren.

Luther-Orte in Thüringen

Die Thüringer haben in Sachen Reformation einiges vorzuweisen. In dem Bundesland hat Martin Luther seine Wurzeln. Er stammt aus Möhra bei Eisenach. Nachdem er hier die Pfarrschule besucht hatte, studierte der junge Mann an der Universität Erfurt. Sein Eintritt ins Erfurter Augustinerkloster im Jahr 1505 gilt als „Wendepunkt der Reformation“.

Von 1521 bis 1522 ist die Wartburg Luthers Zufluchtsort. Hier übersetzt er das Neue Testament und prägt so entscheidend die deutsche Sprache. Der Kurfürst von Sachsen ist damals der wichtigste Förderer Luthers, was zur raschen Ausbreitung des reformatorischen Gedankenguts in Thüringen führte.

Ministerpräsident als Reformationsbotschafter

Das alles wird in einem Buch ausgeführt, das Ramelow auf seiner Reise nach Namibia im Gepäck hatte. Es wurde von der Staatskanzlei herausgegeben mit dem Titel „Lutherland Thüringen“. Der Untertitel „Der Freistaat auf dem Weg zum Reformationsjubiläum Luther 2017“ deutet den Anspruch an, den Thüringen mit dieser Rückbesinnung verbindet.

Im Geleitwort des Bandes heißt es: „Die Abgeordneten sind sich mit vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern darin einig, dass das Reformationsjubiläum keineswegs nur als religiöses und historisches Phänomen zu verstehen ist.“ Darüber hinaus werde erwartet, dass das Jubiläum „zur stärkeren Förderung des Dialogs zwischen Kirche, Gesellschaft und Politik sowie einer Vertiefung ökumenischer Kontakte“ führe.

Das ist nicht erstaunlich, wenn man auf Ramelows persönlichen Hintergrund blickt. Der Linken-Politiker ist Protestant, aufgewachsen in Rheinhessen in einem evangelischen Elternhaus. Sein Vater starb, als er elf Jahre alt war an den Folgen einer Kriegsverletzung. Seine alleinerziehende Mutter, die als Hauswirtschaftsleiterin tätig war, stammte aus der lutherischen Familie Fresenius. Einer seiner Ahnen war der bekannte Theologe Johann Philipp Fresenius (1705–1761).

Ramelow nahm am Eröffnungsgottesdienst mit Hunderten Lutheranern aus der ganzen Welt teil. Das habe ihm einen globalen Blick auf die Reformation gegeben, sagte er bei einer Pressekonferenz. Für ihn sei spürbar geworden, „dass die Reformation kein abgeschlossenes Ereignis ist, sondern ein permanenter Prozess in vielen Bereichen unserer Gesellschaft“. Darüber hat er bei dem Kongress in Namibia auch mit Jugendlichen aus verschiedenen Ländern diskutiert.

Vielfältiges kulturelles Erbe

Der bekennende Christ betonte, dass er neugierig machen wolle auf Thüringen. Das Land wolle die Marke Martin Luther auch künftig weiter nutzen. Dabei „präsentieren wir nicht nur unsere musealen Schätze, sondern auch die Lutherstätten, wie die Wartburg oder das Erfurter Augustinerkloster“.

In dem Buch kommen auch Persönlichkeiten zu Wort, die sagen, was das Lutherland Thüringen für sie bedeutet. Die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, nennt „die reiche Vielfalt der Musik“ als Erbe der Reformation. Neben Bach nennt die Theologin Thüringer Liederdichter, wie Ämilie Juliane Reichsgräfin von Schwarzburg-Rudolstadt, Melchior Vulpius und Johann Walter, deren Lieder bis heute im Gottesdienst gesungen werden.

In dem Buch heißt es auch, dass das Land „Thüringen als Lutherland entdecken und entwickeln“ wolle. In den Kapiteln wird ein Blick auf die Geschichte, die Forschung sowie die Reformation im Unterricht geworfen. Außerdem wird eine umfassende Übersicht gegeben über die Reformationsorte.

900 Kilometer „Lutherweg“

„In Martin Luthers Fußstapfen auf 900 Kilometern durch Thüringen wandern oder pilgern, das macht der Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Hessen und Bayern verbindende Lutherweg möglich. Eingebettet in abwechslungsreiche Landschaften führt er zu bedeutenden Stätten der Reformation und weiteren faszinierenden Sehenswürdigkeiten“, heißt es. Dieses Versprechen kann der Freistaat einlösen.

Da ist zum Beispiel Eisenach. Eine der Sehenswürdigkeiten hier ist das Lutherhaus. Als Schüler lebte Luther von 1498 bis 1501 bei der Patrizierfamilie Cotta. Das Lutherhaus ist heute eines der ältesten Fachwerkhäuser Thüringens. Es wurde zum Reformationsjubiläum saniert. Heute beherbergt es eine Dauerausstellung unter dem Motto „Luther und die Bibel“.

Jeder Ort in Thüringen, an dem Luther seine Spuren hinterließ, wird mit seinen Attraktionen und Kontaktinformationen dargestellt. Darunter ist auch Schmalkalden. Die Stadt stand damals im Fokus europäischer Politik. Hier entstand der Schmalkaldische Bund zum Schutz der Protestanten. Luther verhandelte, predigte und wohnte in dem Ort.

Die Spuren der Reformation reichen bis Bad Frankenhausen, wo die von Thomas Müntzer geführten Bauern den fürstlichen Heeren unterlagen, sowie Bad Köstritz mit einer Ausstellung über den „protestantischen“ Komponisten Heinrich Schütz. Um „Wege zu Luther“ kümmert sich übrigens eine im Jahr 2000 entstandene kulturhistorische Initiative, die eine Broschüre für Individualreisende und eine „Luthermappe“ für Reisegruppen in Mitteldeutschland entwickelt hat.

„Kirchenhopping“ im Fichtelgebirge

Auch andernorts wurden zum Reformationsjubiläum spezielle Reiserouten entwickelt. Auch die Ferienregion Fichtelgebirge im Bayerischen Oberfranken hat das Lutherjahr entdeckt und wirbt für einen „Roadtrip zu prachtvollen protestantischen Barockkirchen“. Das wird als „Kirchenhopping einmal anders“ angepriesen mit dem Erlebnis der Natur verbunden. Die Tourismuszentrale Fichtelgebirge betont, dass es allein in und um Bayreuth und Kulmbach 50 Markgrafenkirchen gibt. Das sind Gotteshäuser des protestantischen Barocks aus dem 18. Jahrhundert mit lichtdurchfluteten und reich verzierten Innenräumen. In Kombination mit der malerischen Landschaft und der kulinarischen Vielfalt sei dies das perfekte Reiseziel für Geschichts-, Kunst- und Kulturliebhaber, heißt es.

Mit Luther im Gefängnis

Auch die Lutherstadt Wittenberg wirbt mit besonderen Ereignissen. Da ist die Weltausstellung, die bis 10. September zu sehen ist. Außerdem können Besucher „einen Tag im Gefängnis verbringen, mit Kunst von Ai Weiwei, Olafur Eliasson, Jonathan Meese oder Erwin Wurm“. Diese sind zu sehen in der Ausstellung „Luther und die Avantgarde im alten Gefängnis in Wittenberg, das eigens für die Schau in Stand gesetzt wurde und damit erstmals öffentlich zugänglich ist.

Insgesamt sind 66 Künstler aus aller Welt vertreten. Die Gemälde, Skulpturen, Installationen und Videos sollen die Aktualität von Luthers Ideen zeigen. So übernimmt ein Industrie-Roboter die Rolle des schreibenden Mönchs oder der perfekte Jesus wird gecastet. Bis 17. September ist die Ausstellung täglich von 10–19 Uhr geöffnet.

www.lutherland-thueringen.de, www.tz-fichtelgebirge.de, www.luther-avantgarde.de

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