Digitale Spiele zwischen Flow und Risiko Was Computerspiele so faszinierend und manchmal auch gefährlich macht

Zuviel am Handy sind wir (fast) alle, spielerisch in der Freizeit oder mit Wichtigkeit und ökonomischem Ernst. Aber was ist, wenn ein vernünftiges Zeit- und Nutzungs-Maß hier wie dort verloren geht? Und für wen ist was wann das „vernünftige“ Maß?

Die Beantwortung dieser Fragen ist schon bei Ernährung und Alkohol nicht ganz einfach. Schnell fällt das Reizwort „Sucht“ mit Blick auf Freizeit und Spaß und eher auf das Verhalten der anderen als das eigene bezogen; vor allem die Nutzung von Kindern und Jugendlichen wird argwöhnisch beobachtet. Bei digitalen Spielen scheiden sich die Geister: Für die einen sind Computerspiele ein Grundübel unserer modernen Gesellschaft, für die anderen Spaß und Flow, vielleicht sogar ein notwendig nützliches Training von Kompetenzen für eine digitale Gesellschaft. Dass Kinder und Jugendliche ihr Smartphone ständig bereithalten, viel online sind und so kommunizieren und spielend Sozialverhalten lernen, ist Realität, bedeutet aber nicht automatisch, dass die Online- oder Spielsucht droht. Beim Medienverhalten und besonders beim Stempel „Sucht“ muss man schon genauer hinsehen.

Spielen ist ein Kern des Leben

Friedrich Schiller und Johan Huizinga lassen grüßen, wenn der Neurobiologe Gerald Hüther schreibt: „dass der Mensch nur dann seinem Wesen gerecht wird, wenn es ihm zumindest vorübergehend gelingt, die Begrenzungen seines alltäglichen Lebens zu überwinden und ein Tor aus der Welt des Notwendigen und Zweckdienlichen in die Welt des Möglichen zu öffnen – im Spiel.“ (Gerald Hüther, Christoph Quarch: Rettet das Spiel! Weil Leben mehr als Funktionieren ist. München, 2016, S. 19) Die Autoren differenzieren auf sehr fundierte und verständliche Weise, warum Spielen für den Menschen wichtig ist. Auf diesem kulturellen Hintergrund sollte auch die Welt der digitalen Spiele betrachtet werden. Sie spricht den „alten“ Homo ludens an, kaschiert dabei jedoch häufig die eigentlich hinter den Games als Ware stehende moderne Geisteshaltungen eines Homo oeconomicus: „Der Homo oeconomicus ist ein Spielverderber. Er zwingt den Spielen seine Logik auf: die Logik des Profits und des Wettbewerbs. (…) Der Homo oeconomicus sucht den Gewinn, der Homo ludens will gewinnen“ (Hüther/Quarch, S. 96). Dem letzteren geht es um das Spiel und das Spielen an sich. Was dies zur Einordnung digitalen Spielverhaltens beiträgt, werden wir später sehen.

Die Besucherzahlen der weltweit größten Computerspielmesse, der „Gamescom“ in Köln, betrugen 2019 etwa 370.000. Die analoge Spielemesse Essen brachte es immerhin im gleichen Jahr auf 210.000 Besucher. Die Nutzungszahlen zu Gesellschaftsspielen (ab 14 Jahre) sind in den letzten Jahren ziemlich konstant: gut 5% der Menschen in Deutschland spielen häufig Gesellschaftsspiele, 33% gelegentlich. Knapp 10 % spielen häufig Computerspiele, ca. 20 % gelegentlich. Bemerkenswert ist, dass sich diese Zahlen relativ gleichmäßig über die Altersgruppen der 10 bis 60jährigen verteilen (vgl. www.statista.de).

Die seit mehr als 20 Jahren jährlich durchgeführte repräsentative JIM-Studie (www.mpfs.de) belegt für die 12-19jährigen Jugendlichen: Etwa 2/3 spielen regelmäßig täglich bzw. mehrmals in der Woche digitale Spiele, Jungen deutlich mehr als Mädchen, bei denen eher die Casual-Games auf dem Smartphone Anklang finden. Die durchschnittliche Spieldauer beträgt etwa 80 Minuten pro Tag. Diese noch recht undifferenzierten Aussagen zeigen die Relevanz des Phänomens, das über die Altersstufen des Jugendalters und die Bildungsschichten hinweg gilt. Die Zahlen, wie viel Prozent der Spielenden zu riskantem Verhalten tendieren, schwanken in statistischen Schätzungen stark. Im Kontext der aktuellen DAK-Studie (www.dak.de/dak/download/computerspielsucht-2103404.pdf) kursieren Zahlen, dass etwa 3% der jugendlichen Gamer pathologisches und 12% risikohaftes Spielverhalten zeigen würden; diese Zahlen sind aber aus der Studie nicht direkt abzuleiten. Digitales Spielverhalten muss als gesellschaftlich weit verbreitete Realität und als kulturelles Phänomen differenziert betrachtet werden, ohne dass man die Risiken für eine kleinere Gruppe dabei aus den Augen verliert. Es sind längst nicht mehr nur Kinder und Jugendliche, die digitale Spiele zu ihren bevorzugten Freizeitaktivitäten rechnen. Der digitale Spielspaß ebenso wie mögliche Probleme haben auch Erwachsene erfasst.

Typen digitaler Spiele

Digitale Spiele haben sich sehr stark von stationären Spielkonsolen auf Online-Games verlagert; die meiste Zeit verbringen Jugendliche mit Gelegenheits-Spielen auf dem Smartphone und das gilt auch für Mädchen. Computer, Spielkonsolen und Online-Spiele sind weiterhin eher eine männliche Domäne, was sich bei einem gendersensiblen Blick auf dominierende Spielinhalte und Kommunikationsstile der Netzwerkspieler teils als männliche Enklave erweist.

Bei der Smartphone-Nutzung Jugendlicher haben Spiele einen Anteil von ca. 25%. Wichtiger sind Kommunikation und andere Unterhaltungsangebote. Die Rangliste wird angeführt von WhatsApp als Kommunikationstool der Peer-Group, Youtube als Videoplattform (beliebtestes Internetangebot bei Jugendlichen, das auch die Liste der von Jugendlichen in der Corona-Zeit genutzten medialen Lernangebote anführt), aber auch Instagram als Präsentationsplattform des Wunsch-Ichs im sozialen Netz, Snapchat zum Teilen von Bildern und Videos und Tiktok als App für musiknahe Kurzvideos meist mit Fun-Charakter. All diese Plattformen dienen primär ökonomischen Zwecken, was für die Nutzer oft nicht durchschaubar ist.

Die Unterscheidung von Spielgenres (z.B. Ego-Shooter, Rollenspiele, Strategiespiele, Jump’n‘run, Simulationen, Lernspiele bzw. Serious Games) ist für Insider interessant, aber für eine pädagogische Einordnung wenig weiterführend. Die sogenannten Ego-Shooter, bei denen der Spieler aus der Ich-Perspektive seine Spielfigur steuert (Beispiele: Doom, Counter-Strike, Call of Duty, Battlefield), standen wegen ihres Gewaltgehalts lange im Fokus. Aber der Blick auf Spielinhalte ist heute nur noch ein Aspekt der Beurteilung digitaler Spiele und umfangreiche Forschungen haben gezeigt, dass es keine simplen monokausalen Zusammenhänge von Gewaltverhalten und Computerspielen gibt (vgl. Astrid Zipfel: Wirkungstheorien der Medien- und -Gewalt-Forschung. Baden-Baden, 2019).

Zu den beliebtesten Spielen zählen heute das Konstruktionsspiel Minecraft, der Fußball-Simulator Fifa und vor allem bei den Jungen Fortnite (USK ab 12 Jahre); bei diesem Free2Play-Spiel geht es darum, auf einer verlassenen Insel unter rivalisierenden KämpferInnen am Leben zu bleiben. Durch den kostenlosen Download wird weltweit eine riesige Zahl von Nutzern angesprochen, die dann für den Erwerb von Verschönerungen zahlen.

Manchen Spielarten wird so hintergründig ein Suchtpotential bescheinigt, z.B. auch den MMORPGs („Massively Multiplayer Online Role-Playing Games“); das Paradebeispiel war/ist WoW (World of Warcraft). Die zentralen Kennzeichen dieser Spiele gelten teils auch für Echtzeit-Strategiespiele (RTS = Real-Time-Strategy): sie spielen in einer persistenten virtuellen Welt, d.h. es passiert dort etwas, auch wenn der einzelne Spieler nicht online ist, was zu zeitlich extensivem Spielverhalten motiviert; die Aufgaben sind meist nur in einer Gruppe (Clan, Gilde) zu bewältigen; Ziel des Spiels ist die Verbesserung des Avatars, der virtuellen Spielfigur, durch Erfahrungen, dafür muss man Spielzeit investieren. Vermehrt kann man sich bei Online-Spielen durch In-Game-Käufe z.B. ein schöneres Aussehen oder mehr Macht des Avatars verschaffen oder sonstige Spielvorteile sichern. Dies gilt vor allem auch für zahlreiche Mobile-Games. Sogenannte „Lootboxen“, kleine Gewinnpakete, können ähnlich dem Zufallsgewinn beim Glücksspiel als spielimmanenter Faktor wirken, um Gamer zum Weiterspielen zu animieren. Solche programmierten Zufallsfaktoren spielen in den Spielwelten eine große Rolle und erhöhen über das schöne Flowgefühl hinaus eine problematische Spielimmersion und das Flowgefühl ähnlich wie beim Glücksspiel.

Sogenannte MOBA-Spiele (Multiplayer-Online-Battle-Arena) wie „League of Legends“ sind häufig auch Free2Play-Spiele mit geringer Einstiegshürde. Beim genannten Spiel muss viel Zeit im Team investiert werden. Belohnungssysteme ziehen den Spieler tief ins Online-Geschehen. Teils sind Käufe von Erfolg oder Skins (anderes Aussehen von Charakteren) im Spiel möglich. „League of Legends“ (Lol) ist derzeit eines der relevanten Spiele im sogenannten E-Sport-Bereich, in dem teils große Massen von Spielern (internationale) Wettkämpfe austragen. Mancher Heranwachsende träumt davon, mit dem live vor Zuschauern gestreamten Spiel z.B. auf einer Plattform wie Twitch oder der Erstellung z.B. von LetsPlay-Videos, bei denen der Gamer sein Spielverhalten kommentiert und das als Video veröffentlicht, Geld zu verdienen und so quasi mühelos erfolgreich zu werden. Die Welt des E-Sports und der Youtuber gaukelt das vor, aber Erfolg haben nur sehr wenige und das mit viel Einsatz und Training.

Wie kommt es zu exzessivem Spielverhalten

Spielen macht (den meisten Menschen) Spaß und wird eher dem Freizeitbereich zugerechnet, also als Entspannung und Gegenpol zu Arbeit und Leistung angesehen. Ein gut gemachtes Spiel mit Flow-Effekt als Motivationsfaktor kann dann schon mal für eine Entwicklungs-Phase zu ausgedehntem Spielverhalten führen, bei dem man mit dem vorschnellen Stempel „Sucht“ vorsichtig sein sollte. Vielfach bemerken Spieler die Problemsymptome nach einer Zeit selbst und können sie korrigieren, aber es gibt auch neurobiologische Veränderungen, die das Individuum dann nicht mehr so leicht steuern kann.

Eine klare Diagnose von Computerspielsucht bleibt schwierig und pädagogisch ist das Problem: Es darf und sollte nicht einfach jeder, der viel vor dem Computer oder mit dem Handy agiert, als krank und therapiebedürftig stigmatisiert werden. Grundsätzlich ist die Wirkung von Spielen wie Medienwirkung generell von drei Aspekten abhängig: der Person (individuelle Anlagen, psychische Konstitution etc.), dem Umfeld (Familie, Schule, Freunde etc.) und dem Medium, also dem digitalen Spiel mit allem, was dazu gehört (Inhalt, Gestaltung, Verfügbarkeit und Markt, In-Game-Käufe etc.).

Das internationale Verzeichnis der WHO listet im ICD-11, das erst ab 2022 Gültigkeit hat, Online- und Computerspielsucht als eigene Formen der Verhaltenssucht auf. Nach dem ICD-11 gilt als (online-)spielsüchtig, wer die Kontrolle über sein Spielverhalten verloren hat. Die Nutzungsdauer ist dabei nicht das einzige Kriterium. In der Fachliteratur werden eine Reihe weiterer Abhängigkeitskriterien benannt: Gedankliche Fixierung auf die Spiele, Kontrollverlust gegenüber wachsenden Spielzeiten, psychische Entzugserscheinungen (Gereiztheit, Konzentrationsprobleme), Fortsetzung und Verheimlichung des Konsums trotz negativer Folgen, Vernachlässigungen (Körperpflege, Ernährung, Gesundheit, andere Interessen und Pflichten), Rückzug von Familie und Freunden – alles eher weiche Diagnosekriterien. Um eine Online-Spielsucht zu diagnostizieren, müssen mehrere dieser Symptome mindestens zwölf Monate vorliegen.

Typisch sind zumeist sogenannte Komorbiditäten, d.h. mit der Abhängigkeit einhergehende Problemkonstellationen und psychische Erkrankungen; bekannt ist etwa eine Verbindung zu problematischem Aufschiebeverhalten oder zur ADHS-Symptomatik. Es gibt also Risikofaktoren jenseits der Spiele, häufig im sozialen Umfeld. „Abhängig werden nur diejenigen, für die das, was sie im (…) Spielrausch erleben, eine besondere Bedeutung besitzt, weil es ein Bedürfnis befriedigt, das sie draußen, im realen Leben, nicht stillen können“ (Hüther/Quarch, S. 103).

Gefahr neurobiologischer Veränderungen

Die Neurobiologie zeigt den Zusammenhang zwischen Flow, dem als beglückend erlebten Gefühl völliger Vertiefung, und dem körpereigenen Botenstoff Dopamin (dem „Glückshormon“) auf (vgl. Daniel Illy / Jakob Florack: Ratgeber Videospiel- und Internetabhängigkeit. Hilfe für den Alltag. München 2018). Die Nervenzellen in Körper und Gehirn brauchen für ihre Verbindungen (Synapsen) sogenannte Botenstoffe (Neurotransmitter), um Informationen auszutauschen. Einer dieser Botenstoffe ist Dopamin, im Volksmund auch „Glückshormon“ genannt. Jedes Erfolgserlebnis, das wir als solches registrieren, löst die Ausschüttung von Dopamin aus und das führt im menschlichen Erleben zu Gratifikationen in Form von Bestätigung und Glücksgefühlen. Menschen streben nach (zeitnaher) Wiederholung solcher Effekte. Aufschieben von potentiellen Belohnungen fällt besonders jüngeren Menschen noch schwer, sie müssen das erst lernen. Die für das Leben notwendige Fähigkeit, momentane Bedürfnisse aufzuschieben, nennt man Impulskontrolle. Computerspielsucht wird mit einer Störung der Impulskontrolle in Verbindung gebracht. Wenn die Freude am Spielen (Gratifikation) in Richtung einer Kompensation negativer Gefühle umkippt, ist das bedenklich und für das Individuum nicht mehr leicht zu kontrollieren.

Wir sind auf Vergleiche mit dem Verhalten anderer angewiesen und im realen Kontakt mit anderen Menschen ermöglichen die sog. Spiegelneuronen das, was wir empathisches Sozialverhalten nennen. Die Spiegelneuronen sind aber offensichtlich durch ein sinnlich spürbares Gegenüber viel besser zu aktivieren als durch virtuelle Kontakte. Der Rückzug aus Sozialkontakten verstärkt also Veränderungen im Gehirn, die sich nicht so leicht wieder verändern lassen. Deshalb ist eine Verhaltenstherapie auch komplex und langwierig. Ein genereller Entzug, ein Verzicht auf digitale Medien oder deren Verbot sind in unserem mediatisierten Alltag aber kaum sinnvoll umzusetzen.

Kinder- und Jugendschutz

Die Entwicklung von jungen Menschen verläuft in Phasen. Der Kinder- und Jugendschutz soll dazu beitragen, dass eine normale Entwicklung von Heranwachsenden nicht durch Medienangebote und ihre Nutzung beeinträchtigt oder gefährdet wird. Für die Altersfreigaben von Spielen, die auf Datenträger in Deutschland erscheinen, sind die USK in Verbindung mit den ständigen Vertretern der Obersten Landesjugendbehörden zuständig. Jugendschutz funktionierte bei den Konsolen und den Hardware-Scheiben recht gut, online ist das weitaus schwieriger. Bei Online-Spielen bzw. nur zum Download angebotenen Spielen (z.B. über die Plattform Steam) gibt es eine verpflichtende USK-Prüfung vor Veröffentlichung nicht. Die Anbieter sind im Verfahren einer regulierten Selbstregulierung zu einer angemessenen Alterseinstufung verpflichtet, die ggf. überprüft und korrigiert werden kann. Eltern muss bewusst sein, dass Altersfreigaben keine Alters-Empfehlungen sind und dass im privaten Kontext für die eigenen Kinder das Erziehungsrecht dem in der Öffentlichkeit geltenden Jugendschutz vorgeordnet ist. Geprüft werden aufgrund gesetzlicher Vorgaben vor allem Spielinhalte inklusive grafischer und akustischer Präsentationsformen. Die Alterseinstufungen berücksichtigen bislang kaum die oben angesprochenen anderen Aspekte, die zu einer problematischen Nutzung teils auch bei den beliebten Casual-Games entscheidend beitragen: kaschierte Werbung und Kaufanreize, problematische Immersion und Interaktionsformen (inklusive Datensammlung), spielimmanente Bindungen ans Spiel etc. Eine entsprechende Anpassung des Jugendschutzgesetzes steht seit Jahren aus.

Sinnvoller Umgang als Prävention

Spielen bleibt eine zentrale Form von Weltaneignung des Menschen. Kinder lernen durch Gratifikationen aus selbstbestimmtem Spiel eigenständig und vergleichsweise leicht viele lebensrelevante Dinge. Die Motivationskraft des Spiels unterliegt immer wieder Versuchen einer Funktionalisierung für Zwecke außerhalb des Spiels; dafür sind Lernspiele ebenso ein Beispiel wie ein Trend zur „Gamification“; mit diesem Begriff wird die Übertragung von spieltypischen Elementen und Erfahrungen in spielfremde Zusammenhänge bezeichnet.

Die fortschreitende und gewollte Digitalisierung unserer Gesellschaft fordert konkrete und kritische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien. Es wäre Unsinn, diese aus dem Leben von Heranwachsenden ausklammern zu wollen. Sie müssen einen konstruktiven Umgang damit lernen. Die Frage ist, wann dieser Lernprozess beginnen sollte, in welchem Alter kritische Einsicht greift und wie sich digitale Spiele da einordnen.

Digitale Spiele sind überwiegend kostspielig produzierte Waren, die einen Gewinn einspielen sollen. Ein angemessener Verkaufspreis wäre eine klare und offene Angelegenheit, aber die Hersteller zielen immer mehr auf die Masse durch verdeckte Maßnahmen der Gewinnmaximierung. Hüther/Quarch bezeichnen Spiele und Hersteller als „Spielverderber“, wenn sie Spiel nach ökonomischen Prinzipien konstruieren und für außerhalb des Spiels liegende Zwecke funktionalisieren. Ein solches Spiel lässt dem Nutzer keine Freiheiten mehr, es zwingt ihn weitgehend in seine Strategien und Mechaniken und unterwirft ihn den letztlich kommerziellen Regeln. Diese vom Wirtschaftsaspekt der Spiele getriebenen Elemente stehen im Widerspruch zu den grundlegenden Kultur-Prinzipien des Spiels: Selbstzweck, Freiwilligkeit, selbst bestimmbare Grenzen und verfügbare Regeln für kooperatives Verhalten.

Wenn es Probleme im Umgang mit digitalen Spielen und Medien gibt, dann zerstören Verbot und Entzug oft den hilfreichen Pfad: Mit betroffenen (jungen) Menschen im Gespräch bleiben, zuhören und Interesse zeigen, Gründe für das Verhalten finden, es nicht entschuldigen, aber auch nicht vorschnell bewerten, gemeinsame Alternativen zur Freizeitgestaltung finden. Schulischer (oder beruflicher) Stress, Konflikte in der Familie oder im Freundeskreis sowie andere Probleme in Schule, Arbeitswelt oder Freizeit sind oft Mitursachen für exzessives Spiel- bzw. Online-Verhalten.

Ein guter Selbsttest, aus dem man viel theoretischen Background ablesen kann, findet sich unter: www.ins-netz-gehen.de (BZGA); eine beispielhafte Beratungsstelle unter internetsucht-berlin.de Über die Altersfreigaben als Richtwert hinaus sinnvoll sind pädagogische Einschätzungen, wie sie etwa vom Spieleratgeber NRW vorgenommen werden. Sinnvolle Empfehlungen zur Thematik finden sich auch auf den Internetseiten der Aktionen „Schau hin“ und „Klicksafe“.

In der gedruckten Ausgabe erschien eine gekürzte Fassung dieses Beitrags.

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