Digitale Welten Ausgabe 4/2020

Liebe Leserin, lieber Leser,

laut der aktuellen ARD/ZDF-Onlinestudie von Oktober 2020 nutzen 94% der deutschsprachigen Bevölkerung zumindest gelegentlich das Internet. Vor allem die älteren Zielgruppen ab 60 Jahren tragen zum deutlichen Zuwachs von 3,5 Mio. neuen Internetnutzern bei. Bei aller berechtigten Kritik an einzelnen Auswüchsen der digitalen Entwicklung lässt sich nicht leugnen: Das Internet ist da, es ist wichtig und es wird nicht so schnell weggehen.

Es liegt uns nichts ferner, als in kritiklosen Jubel angesichts der digitalen Errungenschaften auszubrechen. In diesem Heft werden Sie viele kritische Stimmen lesen – da geht es um Kontrolle, um Missbrauch von Daten, um Konsum und um Suchtverhalten. Aber diese Kritik kann auch eine Anregung sein. Die Frage ist: Wie gehen wir damit um, dass im Netz nicht alles gut läuft? Lassen wir die Menschen damit allein? Oder können wir versuchen, unsere christlichen Werte in den digitalen Raum mit einfließen zu lassen? Überlassen wir Menschen wie Trump kampflos das Feld, um großflächig zu manipulieren und Hass zu schüren? Oder können wir einen Gegenpol bilden, uns den digitalen Raum aneignen und gestalten? Viele Menschen tun das bereits, auch im Rahmen der digitalen Kirche.

Während der Kontaktbeschränkungen im März, April und Mai habe ich mich sehr gefreut, dass „meine“ Pfarrerin und „mein“ Pfarrer jede Woche einen Gottesdienst per Video abgehalten haben. Es gab einen wöchentlichen Newsletter mit dem ich mich dem Gemeindeleben – von dem ich sonst nicht immer alles mitbekomme – viel näher gefühlt habe als vorher oder nachher. Nun bin ich fast traurig, dass wir wieder beim alten Schema angekommen sind: jeden Sonntag analoger Gottesdienst in der Kirche. Die Kirche ist klein, mit dem Abstandsgebot passen noch viel weniger Leute rein. Nehme ich jemandem den Platz weg, wenn ich dort hingehe? Jemandem, der den Zuspruch vielleicht viel dringender braucht? Genügen Abstand und Maske wirklich, oder gefährde ich mit meinem Kommen möglicherweise andere, weil ich aufgrund meiner Kinder gezwungenermaßen viele Kontakte habe und daher ein gewisses Risiko mitbringe, Covid-19-Überträgerin zu sein?

Wie der analoge Raum birgt der digitale Gefahren. Aber eben nicht nur! Die Auseinandersetzung damit lohnt – hoffentlich beim Lesen dieses Hefts, aber auch ganz praktisch, indem Sie das Internet nutzen (z.B. für Ihre Kommentare zum Artikel dieses Heftes). Vielleicht nehmen Sie ja auch am neu gegründeten virtuellen Hauskreis teil? Wir sehen uns im digitalen Raum!

Mit herzlichen Grüßen aus der Redaktion

Heike Schmidt-Langer

 

 

 

 

 

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