Markolf H. Niemz: Die Welt mit anderen Augen sehen Ein Physiker ermutigt zu mehr Spiritualität

Gütersloher Verlagshaus 2020, 191 S., 20,00 EUR, eBook 14,99 EUR

Es ist nicht das erste Buch, das Niemz, Lehrstuhlinhaber für Medizintechnik, über die Frage geschrieben hat, ob bestimmte physikalische Theorien in spirituellen Symbolen sozusagen abgebildet sind und umgekehrt Anschauungen religiösen Gehalts in wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Vorschein kommen. Dass die Naturwissenschaften allein keine „volle“ Welterklärung bieten, mag inzwischen (wieder) im öffentlichen Diskurs angekommen sein, aber Niemz gibt selbst zu, dass seine „Verquickung“ (S. 145) von Religion und Physik Widerspruch provoziert.

Eine seiner Thesen lautet, dass nach Einsteins Relativitätstheorie das „Licht“ sich in der „Ewigkeit“ befindet; denn wären wir „im Licht“, bewegten wir uns mit Lichtgeschwindigkeit, hätte jede zeitliche Distanz den Wert Null, und alle unsere Zeit verginge in einem einzigen Augenblick. (Man denkt als christlicher Leser natürlich an Psalm 90,4: „Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist…“). Ewigkeit oder das Im-Licht-Sein wiederum identifizieren viele Religionen mit der Gottes-Vorstellung.

So beleuchtet er auch Nahtoderfahrungen (Tunnel, Eintauchen ins Licht, Vergegenwärtigung des ganzen Lebens …) mit Hilfe von Einsteins Theorie als „reale Erfahrungen“, gehen wir „nur“ davon aus, dass „etwas von uns ins Licht eintaucht“ (S. 179). Jedoch stellt er sich dieses – sich seines ganzen abgelaufenen Lebens bewusstwerdende – „Etwas“ nicht als unsterbliche Einheit vor. Erlischt das „Etwas“ nach dem Moment des Lichtbades?

Niemz mag ein Grenzgänger oder gar -überschreiter sein, man kann ihn aber auch als Brückenbauer lesen, der verschiedene Perspektiven auf die Welt zusammenführt. Auch wenn Fragen offenbleiben.

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