Wilfried Engemann: Der Mensch ist anders Anthropologie im Fokus des Pfarrberufs

Cover-Abbildung: Wilfried Engemann: Der Mensch ist andersEvangelische Verlagsanstalt, Leipzig, 2024, 233 S., 45,00 EUR

Anlässlich des 65. Geburtstags des Verfassers erschien diese Aufsatzsammlung von bereits veröffentlichten Aufsätzen aus dem Zeitraum 2006–2023. Dem Band liegt die Annahme zugrunde, dass religiöse Reflexion eng mit Anthropologie verzahnt ist: Nur wer das Menschsein reflektiert, kann sein Menschsein in Beziehung zu Gott bedenken. Da eine einheitliche Anthropologie, die alle Bereiche kirchlicher Praxis (Seelsorge, Didaktik, Liturgie, Homiletik) kohärent verbindet, bisher Desiderat ist, ist die Sammlung nach diesen Praxisbereichen gegliedert.

Unter Einbezug religionswissenschaftlicher Einsichten diagnostiziert Engemann den Zweck der Religion darin, lebensdienlich für den Menschen zu sein. Christlich gewendet heißt dies, dass religiöse Vollzüge und Glauben nicht um der Gottheit willen erfolgen, sondern dem Leben des Menschen – positiv – dienen sollen. Das Neue Testament sei eine „Lebenskunde“, die sich nicht nur in der Ethik Jesu erschöpfe, sondern Leben mit Ewigkeitswert qualifiziere. In der Praxis hadere die protestantische Kirche v.a. in liturgischen Vollzügen damit, Anthropologie von der Sündenlehre zu befreien und ein ›gesundes‹ Menschenbild zu kommunizieren. Plausibel macht Engemann Vorschläge, wie Predigt und Gottesdienst in Zeiten von Individualisierung Menschen in ihren identitären Fragen unterstützend begleiten können und wie Freiheit als Chance der „Lebenskunst“ wahrgenommen werden könnte. Abgesehen davon, dass der Verfasser kirchlichen Akteuren zuweilen selbst mit mehr Optimismus begegnen könnte, vereint der Band in anregender und lesenswerter Weise die Forschungsschwerpunkte Engemanns.

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