Mehrere Generationen machen gemeinsam Ferien

Mehrgenerationenhäuser sind schon seit längerer Zeit im Trend, seit einiger Zeit kommt der Mehrgenerationen-Urlaub dazu. Dieser ist nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie populärer geworden. Die Menschen besinnen sich wieder stärker auf den familiären Zusammenhalt.

Corona hat einen Trend verstärkt, der schon seit Jahren zu beobachten ist: mit den Großeltern in den Urlaub fahren. Da in Zeiten der Pandemie viel mehr Menschen den Urlaub im eigenen Land verbringen, ist es selbstverständlicher geworden, dass drei Generationen gemeinsam Ferien machen – sei es in einer Ferienwohnung oder im Hotel. Eine teure und für ältere Menschen oft beschwerliche Flugreise, um ans Ziel zu kommen, entfällt. Längst haben Reiseveranstalter den Markt für sich entdeckt, wie an den Angeboten im Internet abzulesen ist.

Zeit für die (Groß-)Familie bleibt oft nur im Urlaub

Bei FairAway-Reisen, Mitglied im Forum Anders Reisen, das eng mit dem evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt kooperiert, finden sich Hinweise darauf, wie sich das gemeinsame Reisen der Generationen gegenwärtig darstellt. Ausgangspunkt ist die Schwierigkeit, Beruf und Familie im Alltag zu vereinbaren. Den Angaben zufolge sehen dies 63 Prozent der Deutschen als problematisches Thema an. Deshalb würden sich immer mehr Menschen wünschen, den Urlaub mit der gesamten Familie zu verbringen.

„Seit einigen Jahren wird der Urlaub von der direkten Familie auf Großväter und Großmütter, Schwiegereltern, Onkel, Tanten und Cousins ausgebreitet“, heißt es. „Mehrere Generationen reisen zusammen, um Zeit in einer entspannten Atmosphäre miteinander zu genießen, denn das fehlt im Alltag regelmäßig“, erklärt der Reiseveranstalter. Seiner Einschätzung nach liegt der Grund dafür, dass dieser Trend so im Kommen ist, an der älteren Generation. Diese sei immer länger fit und gesund und reiselustig. Außerdem hat sie Zeit, Energie und das nötige Geld dafür.

Unbedacht sollten Großfamilien jedoch nach Ansicht der Reiseexperten nicht in Urlaub fahren. Während Kinder vor allem Spaß und Action erleben wollten, bräuchten andere Familienmitglieder immer wieder Ruhepausen und Rückzugsorte. Deshalb sollten bei der Reiseplanung alle Beteiligten nach ihren Bedürfnissen gefragt werden.

Bei aller Selbstverständlichkeit, mit der heutzutage Familien in den Urlaub gehen, ist jedoch zu bedenken, dass ein gemeinsamer Urlaub für viele Menschen aus finanziellen, aber auch aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Die Organisationen der freien Wohlfahrtspflege wie Caritas und Diakonie warnen vor einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft, bei der ein wachsender Teil der Bevölkerung vom Wohlstand ausgeschlossen ist.

Kinder verreisen immer länger mit den Eltern

Finanzielle Aspekte sind oft auch der Grund für ein anderes Mehrgenerationen-Phänomen beim Urlaub. Seit 1980 hat sich nach Angaben von Soziologen die Zahl der 18- bis 25-Jährigen verdoppelt, die das „Hotel Mama“ einem Auszug vorziehen. Nun wird ein anderer Trend deutlich: Immer mehr junge Erwachsene verreisen mit ihren Eltern, nicht zuletzt weil dies auch finanzielle Vorteile hat.

Schon vor mehr als drei Jahren zeigte eine Urlaubsstudie von „Enterprise Rent-A-Car“, dass über alle Altersgruppen hinweg mehr als ein Drittel der deutschen Erwachsenen mit ihren Eltern im Urlaub waren und drei Viertel der älteren Generation sich an den Kosten beteiligt hat. Weitaus wichtiger ist den Angaben zufolge jedoch ein anderer Beweggrund. Dieser ist für mehr als 60 Prozent, gemeinsame Zeit mit den Eltern zu verbringen.

Mehr als 40 Prozent gaben an, dass sie den gemeinsamen Urlaub für eine gute Möglichkeit halten, ihren Eltern etwas zurückzugeben. Kapp 30 Prozent gaben an, ihren Eltern mit dem gemeinsamen Urlaub eine Auszeit gönnen zu wollen. Fast ein Viertel der Befragten möchte Großeltern und Enkelkindern mehr Zeit miteinander ermöglichen.

Corona erschwert den Urlaub v.a. für die ältere Generation

Damals dachte noch niemand an Corona. Aber fast vier Jahre später in der Corona-Pandemie sind diese Beweggründe für viele Menschen unter dem Druck der Umstände noch wichtiger geworden. Gerade weil das Virus soziale Beziehungen immer schwieriger gemacht hat, ist die Familie immer stärker in den Fokus der Menschen gerückt. Viele Kontakte haben sich auf den engsten Kreis beschränkt. Die Familie hat den Menschen Halt in unsicheren Zeiten gegeben.

Auch im dritten Jahr der Pandemie scheint es noch nicht möglich, einen unbeschwerten Urlaub zu planen. Schon im vergangenen Jahr hatte Jürgen Bauer, Professor für Geriatrie und Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien Krankenhauses in Heidelberg, darauf hingewiesen, dass mit dem Alter auch ein erhöhtes Krankheitsrisiko verbunden ist. Auch bei einer Impfung gebe es keine hundertprozentige Sicherheit, warnt der Mediziner. Deshalb sollte statt einem touristischen Hotspot, wo sich Besucherinnen und Besucher aus aller Welt tummeln, ein ruhigeres Reiseziel gewählt werden, wo auch genügend Abstand zu anderen Menschen gewährleistet ist. Professor Hans-Werner Wahl, Bauers Kollege im Netzwerk Alternsforschung der Universität Heidelberg, fordert, jedem seinen Raum zu geben und zu schauen, dass die Rahmenbedingungen möglichst viel Autonomie und Flexibilität erlauben. Außerdem sei es wichtig zu prüfen, welche Hygienemaßnahmen es vor Ort gibt.

Die Empfehlung des Psychologen Wahl, Urlaub im Grünen zu machen, um Menschenmengen zu meiden, bleibt auch 2022 aktuell. Seiner Ansicht nach kann man die Freizeit in der Natur gut gemeinsam gestalten. Inzwischen ist es bei Urlaubsbuchungen auch selbstverständlich geworden, auf kostenfreie Stornierungen zu achten.

Inwieweit die Corona-Pandemie den Trend zum Mehrgenerationen-Urlaub verstärkt hat, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Sicher ist, dass der Boom für Urlaube in Deutschland dafür ideale Voraussetzungen bietet. Aber auch in Europa sind familienfreundliche Ziele, wie in Südtirol oder in Österreich, stark nachgefragt. Sicher ist, dass Corona die Rückbesinnung auf beständige und vertrauensvolle Beziehungen zwischen den Menschen verstärkt hat, was sich auch in der Art zeigt, wie die Menschen Urlaub machen.

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