Hermann Preßler: Der Herr Jesus und die braunen Herren Eine Analyse von Predigten in pfälzischen Kirchenzeitungen im Nationalsozialismus

OVD Saarbrücken 2016, 296 S., 15,00 EUR (erhältlich per E-Mail unter und im Buchhandel)

„Selbstgleichschaltung“ lautet das Stichwort, unter dem der Kirchenhistoriker Joachim Conrad die Rolle der evangelischen Kirche in der Pfalz während der NS-Zeit jüngst in einem Sammelband unter dem Titel „Protestanten ohne Protest“ (Speyer 2016) zusammengefasst hat. Hermann Preßler zeigt in seiner Studie, wie dies nicht nur in amtskirchlichem Verhalten, sondern auch in der Verkündigung von der Kanzel durchgeschlagen hat. Dazu hat er über 900 Predigten aus den beiden pfälzischen Kirchenzeitungen Union und Evangelischer Kirchenbote gesichtet und akribisch ausgewertet.

Preßlers Analyse führt eindringlich vor Augen, wie sehr protestantische Predigten zwischen 1933 und 1941 von nationalsozialistischer Ideologie, Hitlerverehrung, Kriegsbegeisterung, Antijudaismus und Chauvinismus durchzogen waren. Nur in wenigen Predigten klingt eine Distanzierung vom Totalitarismus der Nazis durch. Aufschreie gegen die Verfolgung von Juden und politisch Andersdenkenden sucht man völlig vergebens. Dazu passt, dass kein Pfarrer der pfälzischen Landeskirche der „Bekennenden Kirche“ angehörte, jeder fünfte war hingegen Mitglied der NSDAP.

Preßler bescheinigt den untersuchten Predigten, dass sie „durchgehend christuszentriert“ sind, wobei freilich die Sicht Christi „für den Nationalsozialismus ganz und gar funktional“ (S. 202) gemacht wurde. Diese theologische Untermauerung der nationalsozialistischen Propaganda ist das eigentliche Skandalon der Predigten. Durch mehrfach eingestreute Aktualitätsbezüge schlägt Preßler gerade hier die Brücke zur Gegenwart. Seine Analysen lesen sich deshalb auch als Warnung vor der politischen Instrumentalisierung von Religion in unserer Zeit – ob nun durch den IS oder durch die selbsternannten „Verteidiger des christlichen Abendlandes“.

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