Das freiwillige bürgerschaftliche Engagement prägt das Museumswesen in weit stärkerem Maße als bekannt. Aber die Suche nach jüngeren Menschen, die sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren, gestaltet sich schwierig.
„Ohne Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement wäre die Mehrzahl der Museen in der Vergangenheit nicht gegründet worden, vielfach heute nicht zu unterhalten und auch zukünftig in ihrer Existenz nicht gesichert“. So steht es schon 1999 in einer Erklärung des Deutschen Museumsbundes. Schließlich sind die meisten der rund 6500 Museen in Deutschland Heimatmuseen, von denen viele ehrenamtlich betrieben werden. In Niedersachsen sind dies von insgesamt 700 immerhin 450.
Auch die evangelische Kirche baut z.B. bei ihrer Ausstellungsarbeit in vielen Gemeinden auf die Arbeit von Ehrenamtlichen. Dafür braucht es Menschen, die bereit sind, ihre Freizeit einzusetzen: Fotos, Bilder, Texte werden benötigt, teilweise gibt es auch Gespräche mit Zeitzeugen oder es werden alte Kirchenbücher und Archive befragt.
Nachwuchssorgen bei den ehrenamtlich geführten Museen
Doch es ist nicht leicht, heutzutage Menschen zu finden, die bereit sind, sich hier ehrenamtlich zu engagieren. Die tragenden Kräfte sind häufig betagt und die Werbung um die Nachfolge gestaltet sich schwierig. Dies war auch Thema auf der jüngsten Jahrestagung der ehrenamtlich geführten Museen. Der Arbeitskreis, der seit 2003 jährlich an einem anderen Ort tagt, hat rund 100 Mitglieder, für die der Austausch wichtig ist. Er widmet sich bei seinen Jahrestagungen unterschiedlichen Schwerpunktthemen – dieses Mal dem jüdischen Leben in Deutschland. Dieses steht nach Ansicht aller Teilnehmenden der Jahrestagung unter Druck. Gastgeber der Tagung war denn auch das von Elisabeth Quirbach und Hans Schulz ehrenamtlich geführte Rabbinatsmuseum in Braunsbach. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen in der ehemaligen Synagoge des Ortes im Landkreis Schwäbisch Hall im Norden Baden-Württembergs zusammen.

Von etwa 1200 Museen in Baden-Württemberg werden über 800 ehrenamtlich geführt. Vor diesem Hintergrund würdigte Susanne Opfermann von der Landesstelle für Museen, die Fachberatung bietet, das Ehrenamt. Auch Quirbach und Schulz haben mit dem Rabbinatsmuseum in ihrem Ruhestand ehrenamtlich eine weltweit anerkannte Einrichtung aufgebaut. Wie diese weitergeführt wird, ist jedoch unklar – die Suche nach einer Nachfolge war bislang nicht erfolgreich.
Museumsarbeit mit Expertise und Leidenschaft
Vorsitzender und Sprecher des Arbeitskreises ehrenamtlich geführter Museen ist Kurt Sartorius. Die Leidenschaft des 76-Jährigen ist beispielhaft. Er hat nicht nur das Schnapsmuseum in Bönnigheim aufgebaut, das nun seit drei Jahrzehnten die Geschichte alkoholischer Getränke darstellt, sondern auch als Hobbyarchäologe Bahnbrechendes geleistet. Der Museumsleiter hat auch ein Talent, andere zu begeistern. Er würzt seine Führungen gern mit Späßen, damit die Besucherinnen und Besucher die Fülle an Informationen und Geschichten besser verdauen können.
Sartorius ist stolz, dass er das einzige Museum dieser Art in Baden-Württemberg leitet, das die größte alkoholgeschichtliche Museumssammlung Deutschlands besitzt. Untergebracht ist es im ältesten Gebäude der Stadt im Herzen Bönnigheims. In dem 1296 errichteten Steinhaus sollte nach dessen Renovierung ursprünglich ein Heimatmuseum untergebracht werden. Dann fanden die Verantwortlichen ein Weinmuseum für den Weinort angemessener. Doch als der Historische Verein unter Federführung von Kurt Sartorius feststellte, dass es schon zahlreiche Einrichtungen dieser Art im Land gibt, kam die Idee mit dem Schnapsmuseum auf, zumal es wegen eines süddeutschen Sonderrechts in Baden-Württemberg eine lange Tradition des Schnapsbrennens gibt.
Mehr als eine Schnapsidee
Dass daraus „mehr als eine Schnapsidee“ geworden ist, bestätigt das Ergebnis. Insgesamt 108 Gerätschaften zum Brennen hat Kurt Sartorius im Verlauf der vergangenen drei Jahrzehnte zusammengetragen. „Die habe ich alle selber herangekarrt, entweder mit dem PKW-Anhänger oder mit dem Transporter von der Stadt“. Heute wundert er sich selbst, wie er das alles geschafft hat.
Da steht zum Beispiel eine mächtige Anlage von 1923 aus schwerem Gusseisen aus dem Odenwald. „Es war Schwerstarbeit, bis die Dinger auf dem Transporter waren“, erinnert sich der ehemalige Elektrotechnik-Lehrer. Auch Urlaube hat er genutzt, um alte Geräte aufzustöbern, zum Beispiel in Österreich. Kein Wunder, dass ihn das dann auch mal ein paar Stunden am Zoll gekostet hat, bis er den verdutzten Zöllnern alles erklärt hatte. Die Geräte im Museum stehen übrigens alle unter der strengen Aufsicht des Zolls. Als Sartorius einmal in Göppingen mit Wasser vorführte, wie ein Gerät funktioniert, kam der Zoll zu einer unangemeldeten Kontrolle.
Überraschende Funde zur Nachgeburtsbestattung
Mit seiner Hartnäckigkeit ist er auch im Gebiet der Archäologie zum Pionier geworden. Anfangs wurde er spöttisch belächelt, als er 1984 in einem Keller in Bönnigheim erstmals Nachgeburtstöpfe entdeckte. „Neue Forschungsthemen stoßen oft auf Skepsis, wie bei der Nachgeburtsbestattung“, betont der Heimatforscher. Jetzt sind es vier Jahrzehnte her, dass er die im Keller vergrabenen Töpfe mit dem Brauch der Nachgeburtsbestattung in Verbindung brachte. Ein vergleichbarer Fund war damals unbekannt. „Zwischenzeitlich liegen Funde aus ganz Deutschland vor“, betont Sartorius.
Essenzielle Bedeutung für die Kulturlandschaft
Das Ehrenamt ist nicht nur Garant für den Fortbestand zahlreicher kleiner Museen, es gilt auch als unverzichtbare Stütze der Museumslandschaft in Deutschland. Dies weiß auch die sächsische Landesregierung zu schätzen. Nach ihren Worten ist die Vielfalt und Qualität der sächsischen Museumslandschaft ohne bürgerschaftliches Engagement kaum denkbar. Von den Ausstellungsvorbereitungen über die Gästebetreuung und die Pflege der Räumlichkeiten bis zum Sponsoring, der Museumspädagogik, Forschung und Restaurierung gibt es kaum eine Arbeit, die von Ehrenamtlichen nicht übernommen wird. „Der ehrenamtlichen Arbeit im sächsischen Museumswesen kommt eine essenzielle Bedeutung für unsere Kulturlandschaft zu“, heißt es auf der Homepage der Landesregierung.