Was bewegt und was erwarten Menschen im Urlaub? Kirchen greifen Tourismus-Trends mit eigenen Angeboten auf

Immer mehr Menschen sind gerade im Urlaub auf der Suche nach Entschleunigung und Sinn. Auf der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart präsentierten auch die Kirchen passende Angebote.

Die Urlaubsmesse CMT kann jedes Jahr im Januar neue Erfolge verbuchen. Der Geschäftsführer der Landesmesse in Stuttgart konnte einen Rekordbesuch verkünden: „Die Marke von 230.000 ist gefallen“, so Roland Bleinroth auf der Abschlusskonferenz. Die Auswahl war riesig. Mehr als 2000 Aussteller aus rund 90 Ländern sowie 360 Regionen und Städten waren vertreten.

Auch in diesem Jahr ist das Interesse an einem Urlaub mit dem Wohnmobil oder dem Caravan weiter gestiegen, vor allem bei jungen Leuten. Auf große Resonanz ist auch das Angebot der Kirchen gestoßen. Unter dem Motto „Was bewegt und was erwarten Menschen im Urlaub?“ hatten die beiden großen Kirchen in Württemberg das Thema Pilgern umfassend präsentiert.

Oberkirchenrat Ulrich Heckel von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg betonte, dass immer mehr Menschen auf der Suche nach Entschleunigung und Sinn seien. Die Landeskirche will alte Klosterorte wie Maulbronn oder Bebenhausen mit neuem Leben füllen. Heckel kündigte an, dass die Kirchen eine Autobahnkirche an der Raststätte Sindelfinger Wald planen, einem bundesweit bekannten Verkehrsknotenpunkt.

Monika Bucher, Vorsitzende der katholischen St. Martinus-Gemeinschaft in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, sprach über die Bedeutung von „Aufatmen“. Seit 2016 bietet die Gemeinschaft von April bis Oktober „Samstagpilgern“ mit ausgebildeten Pilgerbegleitern auf dem Martinusweg an.

Pilgern als „biografisches Programm“

Eine Antwort auf die Frage, was die Menschen antreibt, für eine Zeit lang aus ihrem bequemen Alltag auszusteigen und sich auf eine lange Reise zu Fuß zu machen, versuchte der Sozialwissenschaftler Christian Kurrat von der Fernuniversität Hagen bei einem Vortrag auf der Messe zu geben. Er kam zu dem Schluss: „Pilgern ist ein biografisches Programm“. In typischen Lebenssituationen wie einer Lebenskrise entschieden sich Menschen für eine Pilgerschaft, so Kurrat.

Ungebrochen ist die Beliebtheit des Jakobswegs nach Santiago de Compostella. 2016 wurde mit rund 280.000 Pilgern ein neuer Rekord erreicht. Kurrat hält nicht nur die innerliche Einkehr beim Pilgern für wichtig, sondern auch den Austausch mit anderen Menschen auf der Strecke.

Wer sich zum Pilgern entschließt, hat inzwischen eine vielfältige Auswahl. Auch auf dem Jakobsweg kann man immer wieder neue Etappen in Europa entdecken, wie den Jakobsweg von Prag nach Tillyschanz. Aber auch auf die Spuren des Heiligen Martin können sich Pilger in ganz Europa begeben. So kann man von Ungarn bis Frankreich „Orte des Teilens“ finden. Die Pilgerwege und ihre europaweiten Etappen sind auf der Internetseite www.pilgern-in-baden-wuerttemberg.de zu finden.

Mit dem Fahrrad auf den Spuren des deutschen Papstes

Im landschaftlich reizvollen Rupertiwinkel im Berchtesgadener Land kann man sogar päpstlichen Spuren folgen. In einer Gegend, wo man noch Ruhe und Abgeschiedenheit finden kann, wurde zu Ehren des ehemaligen deutschen Papstes Benedikt XVI. der „Benediktweg“ für Radpilger geschaffen. Der frühere Kardinal Joseph Ratzinger ist nämlich hier aufgewachsen.

Im Rupertiwinkel wird religiöses Brauchtum gepflegt. Das gilt besonders für den Leonhardi-Ritt in Holzhausen, einem Ortsteil von Teisendorf. Der Umritt fällt dort im Unterschied zu anderen Orten auf den Pfingstmontag und hat seit den 50er Jahren einen enormen Aufschwung genommen. Daraus ist das Pfingstfest geworden, zu dem jährlich Tausende Besucher in den 300-Seelen-Ort kommen.

Für die Organisation wurde 1950 eigens die Leonhardi-Gilde ins Leben gerufen. Jahrzehntelang geleitet hat sie der frühere Landrat Martin Seidl. Dieser hat in dem Ort, in dem ein paar Höfe um die Heilig-Kreuz-Kapelle stehen, das elterliche Gasthaus in dem 1850 erbauten Gutshof zu einem 90-Betten-Kurhaus ausgebaut. Inzwischen ist daraus ein Wellness- und Gourmethotel geworden. Dieses wird von Michael Stöberl geleitet. Der Physiotherapeut der früher die Elite der deutschen Eisschnellläuferinnen betreute, ist besonders stolz auf seinen 2.500 Quadratmeter großen Saunabereich mit Blick auf die Berge. Das Hotel bietet Auszeiten aller Art. Weitere Informationen unter www.gut-edermann.de; www.rupertiwinkel.org; www.pfingstfest-holzhausen.de.

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