Den Weg finden Bibel und Bild zu Psalm 25,12

Wer ist es, der den Herrn fürchtet? Ihm weist er den Weg, den er wählen soll. (Psalm 25,12)

Quizsendungen sind im Fernsehen beliebt: Frage. Antwort. Frage. Antwort. Ob alles das, was gefragt und gewusst wird, wirklich so lebensrelevant ist, steht auf einem anderen Blatt. Und nun begegnen wir tatsächlich in einem biblischen Text einer knappen Frage und einer nicht weniger knappen Antwort. Das ist ungewöhnlich.

Gut, beim Apostel Paulus erlebt man es immer wieder, dass er quasi in ein Selbstgespräch versinkt und nach dem Muster griechischer Philosophen die Frage stellt, die im Raum steht, und theologisch versiert der Gemeinde antwortet. Von deutschen Kanzeln herab hört man bisweilen Fragen, die nie einer stellen würde, und Antworten, die oft genug genauso wenig lebensrelevant sind wie die deutschen Quizsendungen. Aber in Psalm 25 begegnen uns außerhalb aller Weisheitsdichtung und jenseits einer griechisch inspirierten Theologie eine Frage und eine Antwort. Das verwundert.

Der Verfasser des 25. Psalms bewegt sich in der Wahl seiner Form außerhalb der Psalmtraditionen, weil sein Psalm wohl auch aus einer späteren Überlieferungstradition stammt. Aber die Ausleger sind sich sicher, dass es sich um einen sehr gelehrten Beter handelt, der bewusst seinen eigenen Weg geht, ja vielmehr mit seinem Gebet andere Beter lehrt. Der Psalm ist sogar so vornehm aufgebaut, dass die einzelnen Verse mit je dem nächsten Buchstaben des hebräischen Alphabets eröffnet werden. Eine vollendete Dichtung. Und in nur 22 Versen hat er 21 Bitten hineingelegt, die allesamt um die zentrale Bitte in Vers 11 kreisen: „Um deines Namens willen, HERR, vergib mir meine Schuld, die da groß ist!“. Das Anliegen des Beters ist also Vergebung, und er appelliert an die Treue des Gottes, der sein Volk durch die Unbill der Geschichte geführt hat, ja vielmehr nach dem Zeugnis der Evangelien diese Welt im Leiden und Sterben Christi zu retten gewillt ist. Es kommt nicht von ungefähr, dass zwei Sonntage in der Passionszeit auf Psalm 25 zurückgreifen.

Die zentrale Bitte aber um die Vergebung der Schuld setzt voraus, dass es ein Schuldbewusstsein gibt. Seit Adams Fall neigt der Mensch dazu, andere verantwortlich zu machen. „Das Weib gab mir“ (Gen 3,12), „die Schlange betrog mich“ (Gen 3,13) – hätte die Schlange einen Finger gehabt, um auf einen anderen zu zeigen, auch sie hätte einen Schuldigen gefunden: Gott war es.

Der Beter des 25. Psalms hat sich selbst erkannt: „meine Schuld, die da groß ist“. Und nur auf dieser Grundlage kann die Frage kommen: „Wer ist es, der den Herrn fürchtet?“ Die Antwort liegt bereits im Bewusstsein unserer Sündhaftigkeit. Und dann, nur dann weist Gott den Weg. Eine gewaltige Sache: Orientierung gibt es also nur, wenn ich meinen Platz vor Gott und in der Welt gefunden habe. „Wir sind Bettler, das ist wahr“, schrieb Luther am Ende des Lebens – voll dieser Erkenntnis. Wer aber von uns wird dann den Weg gehen können? Aus sich heraus wohl niemand, wer aber seine Schuld Jesus Christus anvertraut, hört, dass der Schuldschein ans Kreuzholz geheftet wurde, und erfährt, dass er, Jesus Christus, der Weg zu Gott ist. Ein schmaler Weg, eine enge Pforte (Mt 7,13f.), aber seit Karfreitag begehbar.

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