Geistliche Heimat auf Zeit Im Zuge des Wellnesstrends gewinnen Kur- und Heilbäder an Bedeutung

In vielen Kurorten spielt die Kur- und Reha-Seelsorge eine wichtige Rolle. Die Stärkung der spirituellen Kräfte soll dazu beitragen, dass die Gäste im Anschluss an ihre Kur gestärkt, gesünder, ein wenig froher und hoffnungsvoller heimkehren können.

Vielleicht geht es in der Kur manchem so wie Petra aus Biberach. Der 50-Jährigen machte die Trennung von der Familie zu schaffen. Deshalb suchte sie nach Unterstützung. Eine einfühlsame Ansprechpartnerin fand sie bei der evangelischen Kur- und Klinikseelsorge in Bad Wildungen. Der Ort ist ein bekanntes Heilbäderzentrum in Nordhessen und verfügt über eine Vielzahl von Kliniken. Darauf hat sich die evangelische Gemeinde auch mit ihrem Kultur- und Bildungsprogramm eingestellt, das sowohl Kurgäste als auch die Menschen in der Gemeinde ansprechen soll.

Die Kurseelsorge wird als ein wesentlicher Bereich der Gemeinde verstanden. Sie „will innere und äußere Räume eröffnen für die Begegnung mit Gott“, heißt es bei der Kur- und Klinikseelsorge, „für eine gewisse Zeit geistliche Heimat bieten am anderen Ort, an dem Heilung und Heil zusammen gehören“. Petra hat nicht nur Halt gefunden im Gottesdienst. Mit neuen Erfahrungen kommt sie nach Hause, die sie bei den Kurvorträgen, den Segenswegen im Kurpark und bei weiteren Angeboten gemacht hat.

Stärkung der geistigen und spirituellen Kräfte

Die Kur- und Reha-Seelsorge ist ein kirchlicher Dienst auf Zeit, der sich als ökumenischer Dienst an alle Menschen in der Kur richtet. In Baden-Württemberg weisen die Verantwortlichen darauf hin, dass diese Form der Seelsorge vor allem im Südwesten auch einen überregionalen und gesamtkirchlichen Beitrag leistet. An manchen Kurorten, sei es in Bad Waldsee oder vor allem auch in Bad Säckingen, sind über die Hälfte der Kur- und Reha-Patienten aus anderen Bundesländern.

Die Seelsorge versteht sich als heilender Dienst gemäß dem Auftrag Jesu, „zu verkünden und zu heilen“. Dazu gehört auch das Verständnis von Gesundheit als geistlicher Aufgabe. Die Kur- und Reha-Seelsorge gibt „Hilfestellung bei der Stärkung der geistigen und spirituellen Kräfte zur Bewältigung der damit verbundenen Lebens- und Sinnfragen und entlastet den Menschen vom Zwang zur Leistung und zur Gesundheit“. Entlastung vom stressigen Alltag ist ein zentrales Thema für die Besucher von Kurorten.

Hohe Bedeutung für den Tourismus

Baden-Württemberg zählt die 56 Heilbäder und Kurorte im Land zu den wichtigsten Standbeinen des Tourismus. Um seine Stellung als Bäderland Nummer eins in Deutschland zu behaupten und auszubauen, hat das Land eine bislang bundesweit einmalige Studie gefördert, um bessere Informationen über die Besuchsmotive zu erhalten. Schließlich entfallen rund 15 Prozent aller beim Statistischen Landesamt gemeldeten Ankünfte sowie 23 Prozent aller Übernachtungen im Land auf die Heilbäder und Kurorte, wie Tourismusminister Guido Wolf (CDU) vor kurzem erklärte.

In Zahlen übersetzt bedeutet das über drei Millionen Ankünfte und mehr als zwölf Millionen Übernachtungen im Jahr 2018. Fritz Link, Präsident des Heilbäderverbands Baden-Württemberg, betont, dass damit fast 59.000 nicht exportierbare Arbeitsplätze verbunden sind, die sich überwiegend im ländlichen Raum befinden. Im Zuge des Wellnesstrends sei der Bädertourismus inzwischen auch bei allen Altersgruppen beliebt. Sie suchen insbesondere die Themen Erholung, Natur und Gesundheit.

Beispiel Bad Dürrheim und Schwenninger Moos

Bad Dürrheim im Schwarzwald-Baar-Kreis hat sich frühzeitig auf den Trend eingestellt. Es zählt heute zu den bedeutendsten Kurorten Deutschlands und ist ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen durch die Weiten des Schwarzwaldes, die idyllischen Orte der Baar bis hin zur Schwäbischen Alb. Schöne Flecken Natur, beeindruckende Aussichtspunkte und geschichtsträchtige Orte faszinieren Wanderfans immer wieder aufs Neue. Wandern kann man zum Beispiel zum Neckarursprung im Naturschutzgebiet Schwenninger Moos. Es ist das größte der noch erhaltenen Moore der Baar-Hochebene. Mitten hindurch verläuft die Europäische Wasserscheide. Es ist das Neckarquellgebiet, das in nördlicher Richtung über den Neckar in den Rhein entwässert wird und in südlicher Richtung über den Talbach zur Brigach und weiter zur Donau. 1934 wurde im Schwenninger Moos der Neue Moosweiher ausgestochen und sein Auslauf als „Neckarursprung“ bestimmt.

Frische Kraft sammeln und die Seele baumeln lassen

Das ist nur eine Facette des zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb gelegenen Ortes. Gespräch, Besinnung und Gottesdienst bieten die evangelische und katholische Kurseelsorge in Bad Dürrheim den Gästen an, ob sie aus der Enge des Alltags heraus wollen, Linderung von chronischer Krankheit suchen oder einfach eine Zeit der Nachsorge brauchen. Schließlich sollen die Menschen gestärkt, gesünder, ein wenig froher und hoffnungsvoller nach Hause fahren.

In diesem Sinne sieht der Heilbäderverband Baden-Württemberg die Heilbäder und Kurorte geradezu prädestiniert für die wichtigsten Urlaubsaktivitäten und -wünsche der Deutschen. Diese wollen im Urlaub frische Kraft sammeln und die Seele baumeln lassen (jeweils 91 Prozent ist das sehr wichtig). Reine Luft und sauberes Wasser suchen 89 Prozent. Auch Angebote wie Baden im Mineral-Thermal-Wasser, Rückenschule, Aqua Fitness, Wandern im Heilklima sowie Waldbaden sind äußerst beliebt bei den Besucherinnen und Besuchern.

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