Mensch und Tier Ausgabe 1/2024

Liebe Leserin, lieber Leser,

Menschen können sich tierisch auf etwas freuen – und sie können wie die Tiere aufeinander losgehen. Ich kann meinem Gegenüber menschlich begegnen – und wenn ich mir einen Fauxpas erlaube, heißt es: „Das ist doch nur menschlich!“

Mensch und Tier, in diesem Verhältnis steckt Spannung. Immer wieder wurde versucht, das Spezifische des Menschen gegenüber dem Tier herauszustellen. Man suchte und fand Gründe, warum der Mensch die Krone der Schöpfung bildet: in der Bibel, in der Philosophie, in den Naturwissenschaften. Doch heute ist vieles davon fraglich geworden. Wie kann eine Gattung sich als animal rationale verstehen, die gerade auf dem besten Wege ist, sich ihrer eigenen Lebensgrundlagen zu berauben?

Der erste Beitrag der vorliegenden aspekte-Ausgabe von Nadine Tramowsky und Ulrich Kattmann steigt mit einer Problemgeschichte der Mensch-Tier-Beziehung ein: Wie viel Tier steckt eigentlich im Menschen? Und wie ist damit umzugehen, wenn neuere biologische Forschungen die Definitionsgrenzen zwischen Mensch und Tier immer weiter verschwimmen lassen?

Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier wird über Definitionsfragen hinaus auch ganz praktisch gelebt: Wie stellt es sich in den komplexen ökologischen Systemen dar? Und inwieweit ist der Mensch in der Lage, die eigenen Fehler rückgängig zu machen und zu einer Wiederherstellung der Ökosysteme beizutragen? Diesen Fragen geht der Naturschutzbiologe Bruno Baur nach.

Wenn wir das Verhältnis Mensch-Tier heute anders und neu denken müssen, stehen auch Privilegien des Menschen auf dem Prüfstand, die er lange Zeit meinte, nur sich zubilligen zu können. Haben auch Tiere eine Seele? Bernd Kappes sucht hier nach Antworten und nach Orientierung in der Bibel. Braucht es ferner einen Paradigmenwechsel im Tierrecht, sodass Tieren nicht nur Schutz und Fürsorge garantiert wird, sondern dass sie selbst als juristische Personen anerkannt werden? Dazu stellt Reinhold Münster Überlegungen an.

Schließlich führt Cornelia Mügge in die neuesten Entwicklungen der Tierethik innerhalb der evangelischen Theologie ein, und stellt dabei den Begriff der Mitgeschöpflichkeit in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Dass die Schritte, die aus einer neuen Tierethik folgen, durchaus radikal sein können und vielleicht sogar müssen, wird deutlich im Veganismus. Unser Redaktionsmitglied Laura Brand hat zu diesem gesellschaftlichen Phänomen ein Interview mit Matthias Rohra geführt.

Lassen Sie sich von den unterschiedlichen Aspekten dazu anregen, über ihr eigenes Bild von Mensch und Tier neu nachzudenken. Gerade weil wir hier in vielem noch in einem offenen Prozess stehen, sowohl was die Einsichten, als auch was die Konkretionen für unser Handeln angeht, hat uns in der Redaktion dieses Thema gereizt. Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre!

Raphael Zager

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