Sehnsucht Bibel und Bild

Wer dieses Wasser trinkt, wird wieder durstig. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird niemals mehr Durst haben. (Joh 4,14)

Ein junger Jude sagte zum Rabbi: „Ich möchte zu dir kommen und dein Schüler werden.“ Da antwortete der Rabbi: „Gut, das kannst du, ich habe aber eine Bedingung. Du musst mir eine Frage beantworten: Liebst du Gott?“
Da wurde der Schüler traurig und nachdenklich. Dann sagte er: „Eigentlich lieben, das kann ich nicht behaupten.“ Der Rabbi sagte freundlich: „Gut, wenn du Gott nicht liebst, hast du dann etwa Sehnsucht ihn zu lieben?“
Der Schüler überlegte eine Weile und erklärte dann: „Manchmal spüre ich diese Sehnsucht sehr deutlich, aber meistens habe ich so viel zu tun, dass die Sehnsucht im Alltag untergeht.“ Da zögerte der Rabbi und sagte dann: „Wenn du die Sehnsucht, Gott zu lieben, nicht so deutlich verspürst, sehnst du dich dann vielleicht danach, diese Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben?“
Da hellte sich das Gesicht des Schülers auf und er sagte: „Genau das habe ich. Ich sehne mich danach, diese Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben.“
Der Rabbi entgegnete: „Das genügt. Du bist auf dem Weg.“ (Autor unbekannt)

„Alles beginnt mit der Sehnsucht“…

So lautet die erste Zeile eines Gedichts der deutsch-schwedischen Schriftstellerin und Lyrikerin Nelly Sachs. Alle großen Dinge, die Menschen erschaffen haben, begannen mit der Sehnsucht. Mit der Sehnsucht danach, etwas Neues zu machen, zu erleben, zu erfahren. Große wissenschaftliche Entdeckungen begannen mit der Suche, mit der Sehnsucht, nach Erklärung. Neue Länder wurden entdeckt, weil es Menschen aus ihren vier Wänden hinauszog. Symphonien wurden geschrieben und Schlösser gebaut, weil Menschen Träume verwirklichen wollten. Nach der großen Liebe wurde sich gesehnt. Wegen einer Frau wurden in der Geschichte sogar schon Kriege begonnen. All dem war Eines gemeinsam: Die Sehnsucht danach, dass da doch noch etwas Anderes sein muss.

Waren die Länder entdeckt, die Symphonien geschrieben, die Schlösser gebaut, die Frau erobert, dann war die Sehnsucht gestillt. – Jedoch nicht auf Dauer. Hans Christian Anderson schrieb einmal: Liebe ist Sehnsucht und gestillte Sehnsucht vergeht. Haben wir bekommen, was wir wollten, sehnen wir uns wieder nach etwas Neuem.

Sehnsucht ohne Erfüllung?

Kann ein Mensch in dieser Welt überhaupt seine Sehnsucht nach etwas Größerem erfüllen? Oder wandern wir auf der Erde doch nur einsam herum, wie die Person auf dem Bild? Oftmals macht sich eine gewisse Leere breit, wenn wir das Ersehnte erreicht oder erlangt haben. Wir dachten, endlich habe ich das bekommen, was ich mir so sehr ersehnt habe. Für eine Zeit ist unser Hunger und Durst gestillt, doch dann dürsten wir wieder nach etwas Neuem, Anderen.

Sehnsucht bei Gott?

So hat der Bibelvers bei Johannes doch etwas Tröstliches: „Wer dieses Wasser trinkt, wird wieder durstig. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird niemals mehr Durst haben“ (Joh 4,14).

Wir selbst können diese Sehnsucht nach dem Mehr nicht stillen. Sie ist zwar ein ziemlich guter Antreiber und Motivator. Doch am Ende kann unsere Sehnsucht nach dem Anderen wohl nur etwas Transzendentes stillen. Die Vorstellung, dass da noch etwas Übersinnliches sein muss, das am Ende all unsere Sehnsüchte zu stillen vermag.

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