Weiter Raum Bibel und Bild

Du stellst meine Füße auf weiten Raum. (Psalm 31,9)

Bald wird die Reisezeit wieder anfangen, schon denkt man an Urlaub, an Wegfahren, oder noch besser: Fliegen, jedenfalls ganz weit weg. Alles hinter mir lassen, was einengt, den Alltag, das Büro, die Wäsche. Weiten Raum will ich haben, ein Stück Gegenwelt zu der Eintönigkeit meiner Alltage, drei endlose Wochen am Meer, mit nichts vor mir als den weiten Horizont, wo Erde und Himmel zusammenfließen. Nur eine ganz feine Trennlinie ist da, und der Wind, der mein Gesicht streichelt…Dieser endlos weite Raum, der die Sehnsucht weckt und sie zugleich stillt.

Und darüber der Himmel: Im Sand liegen, den Atem spüren und in den Himmel schauen, zarte Wölkchen im Blau, ab und zu ein Flugzeug hoch oben, klein und silbern, ein weißer Streifen im Blau. Da löst er sich auf und nimmt meinen Tagtraum mit.

Weiter Raum, Raum zum Träumen, Raum zum Kraftschöpfen. Und noch so ein Traumraum, ein alter: Die Wüste, die endlose, der Horizont weit hinausgeschoben, ein Stück Ewigkeit, flirrende Luft über dem Sand, kaum können die Augen den Glanz, die Leere ertragen. Und nachts der Sternenhimmel, ganz nah, mit Händen zu greifen, riesengroß die Sterne in fremden Bildern, kalt und klar. Verheißung von etwas, das nicht in Worte zu fassen ist, kein Wunder, dass Abraham ausgerechnet beim Betrachten des Sternenhimmels von Gottes Verheißung getroffen wird: Schau hinauf ins Weite, was siehst du da? Und auch kein Wunder, dass Gott dem Mose aus dem Dornbusch heraus ein gutes, weites Land verspricht, in dem Milch und Honig fließen – doch der Weg dahin geht durch die Wüste…

Traumräume, zu Geschichten geronnene Träume, und auch geronnene Erfahrung: Wir alle sind auf weiten Raum gestellt, haben gutes, weites Land vor uns, die Lebenszeit, die uns noch bleibt, die gefüllt sein will, durchschritten sein will, die voll Verheißung ist, wenn auch nicht frei von Angst…

Der weite Raum, der uns geschenkt ist – so zwiespältig ist er wie unsere Urlaubserfahrungen mit den weiten Räumen Meer und Himmel und Wüste. Die Endlosigkeit des Meeres, das ewige Rollen der Wellen macht immer auch melancholisch: Wer bin ich denn, im Vergleich zu dieser Weite? Bin ich ihr nicht völlig gleichgültig? Der Himmel so weit weg, und ich nur ein verlorenes Stäubchen in der Weite des Universums – und die Wüste: Ist sie bei aller Schönheit nicht hart und kalt und lebensfeindlich?

Es ist mehr Sehnsucht in solchen Bildern vom weiten Raum als Erfüllung, mehr Frage als Antwort: Wo gehe ich hin? Gehe ich wirklich selber, oder werde ich wie ein Sandkorn vom Wind getrieben? Was habe ich hier eigentlich zu suchen? Wie wird mir die Zukunft entgegenkommen, in immer gleichen Wellen wie das ewige Meer? Wo ist denn noch weiter Raum in meinem Leben?

Wir sind hineingestellt, von Gott hineingestellt in weiten Raum, sagt ein altes Gebet. Kann ich es glauben?

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