Wilhelm Genazino (Hg.): Freiheit und Verantwortung 95 Thesen heute

J.B. Metzler, Stuttgart 2016. 252 S. 16,95 EUR, E-Book: 12,99 EUR

Mit grauem Einband, stilisiert als Tür durch den schräg mit dem Kopf nach oben eingehämmerten Nagel, darunter der Titel in frisch-fröhlichem Pink (Freiheit und…) und umlaufendem schmalen pinken Band unten, dazu ein rotes Lesebändchen: schon äußerlich spricht die Sammlung von 95, im Schnitt eineinhalb Seiten langen, ebenfalls knallig-pink überschriebenen Texten, sehr an.

Eine Aufmachung, die gerade auch junge LeserInnen zum Lesen animieren sollte – 25 Schülerinnen und Schüler zählen zu den 95 AutorInnen, unter diesen wiederum so alt-bekannte wie der Hirnforscher Gerhard Hüther, die Schriftstellerin Ursula Krechel, der Journalist Heribert Prantl, der Co-Präsident des Club of Rome, Ernst Ulrich von Weizsäcker, die Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel. Kurz: hier entfaltet ein Who is Who renommierter AutorInnen unter den Kapitelüberschriften Religion, Kunst, Wirtschaft, Migration und Gesellschaft Assoziationen zu Martin Luthers dialektischem Diktum: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“

Alle sind sich darin einig: Freiheit ist nicht alles, aber ohne Freiheit ist alles nichts. Ihr zur Seite steht die Notwendigkeit der Verantwortung. Es sind die beiden tragenden Begriffe der europäischen Aufklärung, an der Luther „mitgestrickt“ hat. Doch unterhalb dieses Konsenses bleibt jede Menge Luft zur Kontroverse: darüber, was verantwortliches Handeln eigentlich auszeichnet, oder darüber, ob Freiheit ohne vorgängige Bindung an Gott nicht in die Irre führt. Diese Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven macht die Thesen-Sammlung so interessant, egal, wo man zu lesen anfängt, vorne oder mittendrin.

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