Juna Grossmann: Schonzeit vorbei Über das Leben mit dem täglichen Antisemitismus

Droemer Verlag, 2018, 160 S., 14,99 EUR, E-Book 12,99 EUR

Wer sich in Deutschland als Jude zu erkennen gibt, lebt gefährlich. Aber können – sicher gut gemeinte – Ratschläge, sich nicht als Jude zu outen, die Lösung des Problems sein? Wohl kaum. Höchste Zeit, über Antisemitismus zu reden. Über Vorurteile, die in vielen von uns latent vorhanden sind. Über unseren Umgang mit Randgruppen aller Art. Über Empathie. Übers Wegsehen. Darüber, ob wir eine lebenswerte Gesellschaft für alle sein wollen.

Juna Grossmann berichtet über ihren Alltag als jüdische Deutsche, ihre Erlebnisse als Angestellte im jüdischen Museum und Erlebnisse anderer Juden. Darüber, in welch vielfältiger Weise man ihr und anderen Juden signalisiert, sie seien selbst schuld, sie sollen Deutschland verlassen, dann passiere auch nichts. Darüber, dass Vermieter nicht an Juden vermieten wollen, dass sich Juden in Deutschland täglich für die Politik Israels rechtfertigen sollen, für die sie als in Deutschland Wahlberechtigte genauso wenig können, wie alle anderen Deutschen. Sie berichtet darüber, wie es ist, wenn keine jüdische Veranstaltung ohne Polizeischutz auskommt, wenn keine Synagoge besucht werden kann, ohne dass Taschen durchleuchtet werden. Über Mobbing an Schulen, öffentliche Bedrohungen und gewalttätige Übergriffe. Und darüber, dass sie seit Jahren keine größeren Anschaffungen mehr macht und auf gepackten Koffern sitzt. Schon einmal haben Juden in Deutschland erlebt, dass es irgendwann für die Ausreise zu spät sein kann.

Haben wir wirklich aus unserer Geschichte gelernt? – Ein kluges Buch, das weh tut. Es wurde von der Jury „Das politische Buch“ als eines der fünf wichtigsten politischen Sachbücher 2019 gekürt.

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