Karoline M. Preisler: Demokratie Aushalten! Über das Streiten in der Empörungsgesellschaft

Hirzel Verlag 2021, 156 S., 18,00 EUR, eBook 13,90 EUR

Was passiert mit einer Demokratie, deren Bürger das Streiten verlernt haben? Weil dem – der Analyse der Juristin und FDP-Politikerin Preisler zufolge – so ist, steht unsere Staatsform in der Gefahr, an Akzeptanz zu verlieren. Denn die Austragung von Konflikten mit den Mitteln des vernünftigen Diskurses ist ihr Lebenselixier.

Den Konflikt als Grundstoff einer freiheitlichen, pluralen Gesellschaft wertzuschätzen, heißt, ihn dialektisch zu verstehen: These und Gegenthese treffen unter wohlinformierten Staatsbürgern aufeinander, woraus eine innovative Synthese entsteht, die die Gesellschaft als Ganze jenseits ihrer Interessengruppen voranbringt und für die richtige Balance von „Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit“ sorgt. Nicht verwunderlich, dass die Autorin sich dabei auf die Soziologen R. Dahrendorf und M. Weber beruft. Von vielen wird diese demokratische Selbstverständlichkeit gerade aufgegeben zugunsten einer Dauerempörung über den oder die Andersdenkende/n, indem man sich mit dieser chronisch gereizten Haltung in einer eigenen geschlossenen Denkwelt abriegelt. Nicht mehr die – sicherlich mit geistiger Anstrengung verbundene – Prüfung des Faktengehalts einer Mitteilung hat Bedeutung, sondern die zum neuen „Götzen“ gehypte „Meinung“.

Ein wichtiger Impuls für ihr Buch war für Preisler ihre Corona-Erkrankung und ihre Praxis, mit Corona-Leugnern das Gespräch zu suchen. Mit ihrem Anliegen einer möglichst toleranten Debattenkultur befasst sie sich u. a. mit den Spannungsfeldern Demokratie und Umwelt, Migration, Medien. Man folgt ihr mit Gewinn, auch wenn man ihr Loblied auf das wirtschaftsliberale Gedankengut ihrer Partei nicht mitsingen mag.

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