Matthias Heine: Verbrannte Wörter Wo wir noch reden wie die Nazis – und wo nicht.

Dudenverlag Berlin, 2019, 222 S., 18,00 EUR

Mit Hilfe der Sprache den Geist infiltrieren, sich so Zustimmung sichern und Handlungen lenken – darauf verstanden sich die  Nazis. Auch in den Auflagen des Dudens ab 1934 trat diese Absicht in der Aufnahme neuer  Wörter hervor. „Rassenhygiene“ und „Erbpflege“ z. B. verbanden das Positiv-Alltägliche, wie ererbte Dinge oder  die Gesundheit zu pflegen, mit der Rassenideologie. So versuchten die Sprachlenker, ihrer Menschenverachtung einen gewissenhaften, bewahrenden Anstrich zu verleihen. Die Gleichschaltung von Lexika („Das Volk soll anfangen, einheitlich zu denken…“, Goebbels, 1933) betraf alle etablierten deutschen Standardwerke, wie z.B. den Sprach-Brockhaus.

Wenn nun der Journalist und Linguist Matthias Heine in seinem „Duden“-Buch über 80 Begriffe überprüft, ob man sie zur angemessenen Beschreibung unserer Wirklichkeit benutzen kann oder ob sie nazistische Einstellungen ihr gegenüber zum Ausdruck bringen, so ist das auch ein Beitrag eines Verlags, sich zu einem dunklen Kapitel seiner Geschichte zu bekennen. Heines Buch vermittelt uns Wissen über die Herkunft von Wörtern und liest sich unterhaltsam. Wir erfahren auch, dass viele („verbrannte“) Wörter, wie etwa das Adjektiv „asozial“, keine Nazierfindungen sind, aber  unter dem Regime endgültig zur Vernichtungsvokabel wurden.

Quittieren wir unverschämtes Verhalten mit wie asozial, zeigt das nicht unbedingt braune Gesinnung. Doch leichtfertiger Wortgebrauch „offenbart Gedankenlosigkeit und mangelhafte Geschichtskenntnisse“, fasst Heine sein Urteil zusammen – wie er es am Ende eines jeden der aufgeführten Begriffe auf den Punkt bringt. Wer sich selbst sensibel ausdrücken möchte, wird an dem Buch seine Freude haben – und kann im Zweifel immer mal nachschlagen.

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