Öffnen wir uns! Kolumne

Wenn die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle zusammenkommen, um einen neuen Papst zu wählen, tun sie das hinter verschlossenen Türen. Selbst die Fenster sind verhängt, nichts darf von den Gesprächen nach außen dringen. Gebannt wartet die Öffentlichkeit, wann endlich der „weiße Rauch“ aus dem Kamin aufsteigt. Das Konklave hat entschieden, die Menschen draußen werden vor vollendete Tatsachen gestellt. „Habemus papam.“

Auch in unseren Universitäten steigt öfters einmal Rauch auf. Dann rauchen die klugen Köpfe derer, die lesen, forschen, lehren, untersuchen, experimentieren und diskutieren. Der „weiße Rauch“, die neuen Einsichten und Ergebnisse, sind oft auch für die gesamte Gesellschaft relevant. Gerade in der Covid-Pandemie und dem politischen Umgang damit ist das deutlich geworden. Zugleich hat man auch gemerkt, wie schwer es Wissenschaft hierzulande fällt, sich einer breiteren Bevölkerung verständlich zu machen. Ich frage mich: Wie offen sind die Türen unserer Universitäten? Ähneln unsere Forschungseinrichtungen einem Konklave?

Mein Eindruck ist: Nicht vorwiegend räumlich, vor allem aber sprachlich versteckt sich Wissenschaft gerne mal hinter Mauern: Bandwurmsätze, viele Fremdworte, Wortneuschöpfungen. Ich bin mir sehr bewusst: Die Herausforderungen in einer immer komplexer werdenden Welt nötigen dazu, differenzierte Antworten zu geben. Auch müssen Grenzen und Fehlbarkeit wissenschaftlichen Arbeitens eingestanden werden. Dass vor diesem Hintergrund die einfachen Lösungen der Populisten ein leichteres Spiel haben, ist klar.

Wenn ich aber auf manchen Tagungen die Erfahrung mache, dass selbst anerkannte Fachkolleg:innen mir nach einem gemeinsam gehörten Vortrag sagen, sie hätten weite Teile dieses Vortrags nicht verstanden, stehen wir vor einem echten Problem.

Ich wünsche mir, dass Wissenschaft sich mehr um Allgemeinverständlichkeit bemüht. Gegenwärtig ist es in vielen Fächern so, dass für das eigene berufliche Fortkommen allein diejenigen wissenschaftlichen Artikel und Veröffentlichungen „zählen“, die man in renommierten Fachzeitschriften untergebracht hat. Ich finde, wir sollten es mehr würdigen, wenn Wissenschaftler:innen ihre Forschungen in die Gesellschaft tragen: Wenn sie Vorträge nicht nur im Hörsaal, sondern in Bürgerhäusern, Kirchengemeinden oder auf dem Marktplatz halten und mit den Menschen ins Gespräch kommen. Wenn sie sich gesellschaftspolitisch einbringen, auch mal für Tageszeitungen und Magazine schreiben oder in den sozialen Medien präsent sind.

Der Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat zu Recht gefordert, dass Abgeordnete, bevor sie sich in ein Parlament wählen lassen, über mehrere Jahre einen Beruf außerhalb der Politik ausgeübt haben sollten (und zwar erfolgreich!). Dementsprechend halte ich es für notwendig, dass auch angehende Hochschullehrer:innen wenigstens einige Jahre in den praktischen Anwendungsfeldern derjenigen Fächer gearbeitet haben, in denen sie Lehre und Forschung betreiben wollen. Lassen wir unsere Universitäten nicht zu Konklaven werden! Öffnen wir uns! Lassen wir unsere Köpfe gemeinsam rauchen!

 

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