Seltsam, im Nebel zu wandern! Einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum sieht den andern, jeder ist allein
Seltsam, im Nebel zu wandern! Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern, jeder ist allein.
Liebe Leserin, lieber Leser,
das berühmte und berührende Gedicht „Im Nebel“ von Hermann Hesse zeigt die eine Seite der Einsamkeit auf, ein Lebensgefühl, das wohl allen Menschen bekannt ist: Einsam sein als eine Grundkonstante des Lebens, ja als eine Gegebenheit von allem, was ist: Auch Busch und Stein sind einsam. Jeder ist allein.
Einsamkeit: Ein Wort, das Melancholie atmet – einerseits. Das aber auch Freiheit verheißt, wie es die Telemann-Kantate „Die Einsamkeit“ besingt:
Du stiller Ort geliebter Einsamkeit, mein Paradies, wo lauter Anmut blühet!
Wie innig wird mein Aug‘ und Herz erfreut, sobald es sich in deinem Schatten siehet!
Hier leb‘ ich frei, hier bin ich selber mein; kein falscher Blick belauschet mein Vergnügen;
Und misch‘ ich auch ein wenig Torheit ein, so bleibet ihr, ihr Wände, doch verschwiegen.
Einsamkeit ist beides: Last und Lust des Lebens, Enge und Weite der Empfindung, Grund zur Melancholie, aber auch ein Grund heiteren Lebensgenusses.
In diesem Heft kommen beide Seiten des Phänomens Einsamkeit zur Sprache: Die Last des Einsamseins im Alter und in der immer größer werdenden Single-Gesellschaft, die Cornelia Coenen-Marx beschreibt, und die Herausforderung, die sie an Gemeindearbeit und Seelsorge stellt. Die Einsamkeit eines Triathleten wird in den Blick genommen, wie auch die glückliche Seite der „geliebten“ Einsamkeit, die sich an der selbstgewählten „Eremitage“ erfreut. Bertram Salzmann beleuchtet schließlich biblische Passionsgeschichten der Einsamkeit – ein großes Thema!
Neben dem Schwerpunkt gibt es wie immer allerhand Interessantes und Wissenswertes, wie der Artikel von Inge Sebald über die weltzugewandte Theologie der Iona-Community in Schottland oder ein Interview mit Gunter Zimmermann über Freiheit im Christentum und im modernen Liberalismus.
Werfen Sie auch einen Blick in die Theologische Werkstatt und auf “evangelisch aktiv”. Vielleicht bekommen Sie ja Lust, den nächsten Urlaub nicht „in Einsamkeit“ zu verbringen…
Die Redaktion wünscht eine anregende Lektüre, allein oder in Gesellschaft!
Elke Münster
