Alexander Unzicker: Einsteins Albtraum Amerikas Aufstieg und der Niedergang der Physik

Westendverlag 2022, 272 S., 20,00 EUR, E-Book 16,99 EUR

Denkt man als Laie an die wissenschaftliche Disziplin der Physik und liest, was darüber in populärer Weise in die Medien kommt, neige ich oft zum ehrfürchtigen Staunen. Immer schwindelerregendere „Entdeckungen“ werden da propagiert oder Experimente im europäischen Kernforschungszentrum CERN durchgeführt, über die vorab sogar kolportiert wird, der Planet könne sich dabei auflösen. Die klügsten Köpfe in großer Zahl sind mit zusammengespanntem Sachverstand am Werk. „Theorien“ entstehen über das „Innerste“ der Natur und die Unendlichkeit des Kosmos. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wird eine Objektivität (ihres Vorgehens wie auch ihrer Ergebnisse) bescheinigt, wie das für wenig andere Wissensgebiete gilt.

Aber ist diese Hochachtung auch gerechtfertigt? Oder hat sich da eine Disziplin mit ihren diversen „Fächern“ (Teilchenphysik, Hoch- und Niedrigenergiephysik, Quantenmechanik und so weiter) etabliert, die inzwischen eher das Etikett Esoterik als Wissenschaft verdient, Spekulation statt (bewiesene) Theorie? Alexander Unzicker stellt der physikalischen Forschung ein schlechtes Zeugnis aus. Er sieht die Disziplin im Niedergang begriffen, seit sie mit dem Ende des zweiten Weltkriegs sozusagen in amerikanische Hände überging und ihre Wurzeln, die „naturphilosophische europäische“ Denktradition, hinter sich ließ. Letztere habe sich mit realen Phänomen (Raum, Zeit, Materie) befasst und gefragt, welche elementaren Naturgesetze diese Phänomen bestimmten. Diesem Anliegen fühlten sich Genies wie Mach, Dirac, Schrödinger, Planck und natürlich Einstein verpflichtet. Symbol der Hinwendung zum amerikanischen, auf (ökonomische und militärische) Verwertbarkeit (und Macht) zielenden Denkweg war der Bau der Atombombe. Heute würde in Kernforschungszentren ein wahrer „Teilchenzoo“ zutage gefördert, die umso weniger Fundamentales repräsentierten, je größer ihre Zahl würde. Sog. „Standardmodelle“ der Physik bedürften zu ihrer Aufrechterhaltung immer komplizierterer, experimentell nicht nachgewiesener Annahmen.

Das alles liest sich sehr spannend und kulminiert in dem Ergebnis, dass die Krise der Physik nur Symptom der umfassenden Krise der „westlichen Zivilisation“ sei – unseres vorherrschenden kurzfristigen und nichtnachhaltigen Denkens.

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