Was Taube hören und Blinde lesen können Bibel und Bild: Mein Monatsspruch für Juni

„Freundliche Reden sind Honigseim, süß für die Seele und heilsam für die Glieder.“ (Sprüche Salomos 16,24)

„Honigseim“ ist ein veraltetes Wort für noch nicht verarbeiteten Honig, der aus den Waben in einem Bienenstock abfließt. So veraltete wie „freundliche Reden“?

In einem Restaurant. Ein Elternpaar, zwei Kinder. Miteinander warten sie auf das Essen. Schweigend und beschäftigt: ein jeder mit seinem Smartphone. In Zeiten von Twitter und Whatsapp scheint es aus der Mode gekommen zu sein, miteinander zu reden. Ich will die Erscheinungsformen einer zunehmend digitalisierten Welt nicht verteufeln. Aber ihre Veränderungen sind buchstäblich „handgreiflich“. Und sie haben natürlich Folgen für unsere Kommunikationskultur.

Wird immer weniger analog kommuniziert, kann es dazu führen, dass Mimik, Gestik, Stimmungen in einem direkten Gespräch nicht mehr gelesen und verstanden werden. Denn Zuhören und darauf achten lernen, wie etwas gesagt wird –, all das ist Teil mündlicher Kommunikation. Aber das brauchen wir nicht beim Online-Banking oder beim Internet-Shopping. Wir verlieren die Fähigkeit, einen anderen Menschen ganzheitlich wahrzunehmen umso mehr, je weniger wir uns im miteinander Reden üben.

Darüber hinaus geht es im Bibelzitat um die Wirkung der „freundlichen Reden“. Ein Wort, wie aus der Zeit gefallen, ein Kontrapunkt zu Hetzparolen und Shitstorms unserer Tage. Was kommt in diesen zum Ausdruck? Dass ich einen anderen Menschen nicht mehr als Gegenüber mit verletzlichen Gefühlen wahrnehme, sondern ihn als Projektionsfläche für meinen angestauten Frust benutze, für den er eigentlich gar nicht verantwortlich ist.

„Freundliche Reden sind wie Honigseim“ – ein freundliches Wort wirkt wie dieser Honig, der noch ungeläutert ist, aber schon eine gewisse Süße besitzt und gut schmeckt. Welche Kraft liegt doch in einem freundlichen Wort. Es richtet auf. Es macht dankbar. Es pflanzt sich fort. Eine Freundin erzählt mir, wie sie wegen einer finanziellen Unterstützung auf einem Amt vorsprechen muss, und wie ihr nicht nur geholfen, sondern auch einfühlsam und freundlich mit ihr geredet wurde. So dass sie gar nicht anders konnte, als sich später mit einer Karte bei der Mitarbeiterin vom Amt zu bedanken.

Was hindert uns daran, das Wort als Monatsspruch ernst zu nehmen und uns im Juni darin besonders einzuüben? Einzuüben in eine freundliche Haltung anderen Menschen gegenüber. Mark Twain hat diese Einstellung auf den Punkt gebracht: „Freundlichkeit: eine Sprache, die Taube hören und Blinde lesen können.“

Freundlichkeit ist eine menschliche und göttliche Haltung. Wo und wenn immer wir uns im Namen Gottes begegnen, sollte Freundlichkeit selbstverständlich sein. Gottes Freundlichkeit wird an vielen Stellen der Bibel beschrieben, z.B. im Psalm 107: „Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.“ Oder im Psalm 34: „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist“. Mit diesen Worten werden wir ja auch zum Abendmahl eingeladen: In Brot und Wein schmecken und erfahren wir die Liebe Gottes. Dadurch gestärkt und ermutigt möchte ich anderen Menschen respektvoll und freundlich begegnen.

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