Yishai Sarid: Siegerin Roman

Verlag Kein & Aber, 2021, 240 Seiten, geb. 22,00 EUR, eBook 17,99 EUR

Das kleine Israel beeindruckt immer wieder durch große Literatur. Thema dieses Romans und seiner Protagonistin, einer Militärpsychologin, ist die Rolle des „Helfers“ in der geschlossenen Institution: die Fremdheit gegenüber den Regeln, Gebräuchen und Gefühlen der „echten“ Angehörigen dieser Institution, der Soldaten, und die gebrochene Haltung zur eigenen Profession. Aus ihrer Bindungsnot – da ist zuerst das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater, einem linksbürgerlichen, das Militär habituell ablehnenden Psychoanalytiker – flüchtet die Ich-Erzählerin in Überidentifikation mit dem Militär. Subtil wird die Ausgrenzung der – immer auch gefürchteten – Psychologin aus der Lebenswelt der Soldaten gezeichnet. Dagegen macht sie den Tabubruch, das Töten, zu ihrer Sache, will Soldaten zu reibungslosen Befehlserfüllern drillen und die eigene Nützlichkeit festschreiben.

Das Militär als solches zeigt differenzierte Konturen; Offiziere verweisen im Konflikt mit der „fit-to-kill“-Linie der Psychologin auf Gewissens- und Wertebindung, eine Fachkollegin erklärt sich für das seelische Wohl der Truppe und eben nicht für „Sieg“ und „Auftrag“ zuständig. Angesichts der Gefechtstraumatisierung des eigenen Sohnes bricht das fragile funktionalistisch-militärische Selbstbild der Hauptperson für einen Moment zusammen. Der Schluss, nur wenige Seiten danach, irritiert umso stärker (oder schon nicht mehr).

Sarid veranschaulicht, wie gefährdet Akteure der „Sonderseelsorge“ – neben dem Militär die Polizei, Gefängnisse und in anderer Ausprägung wohl auch Krankenhäuser – in ihrem vereinnahmenden und zugleich exkludierenden Umfeld zwangsläufig sind.

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