Respekt und Wertschätzung für die Schwächsten Diakonisch-humanitäres Hilfsprojekt ermöglicht Kindern und Jugendlichen Erholung im Ferienzentrum Nadeshda in Weißrussland

Es gibt zahllose Ferienangebote für junge Menschen in Deutschland. Davon können Gleichaltrige anderswo nur träumen. Mit deutscher Hilfe bietet in Weißrussland das Kinderzentrum Nadeshda Freizeiten an für junge Gäste aus strahlenbelasteten Gebieten.

Zum 35. Mal jährt sich in diesem Jahr die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Diese hat sich bis weit über die Grenzen der Ukraine ausgewirkt. Große Teile im benachbarten Weißrussland rund um die Stadt Gomel wurden verstrahlt. In der Folge sind Leukämie- und Schilddrüsenerkrankungen besonders bei Kinder und Jugendlichen in die Höhe geschnellt. Der Verein „Freunde der Kinder von Tschernobyl“ erinnert zum Jahrestag daran, dass die Menschen in Weißrussland bis heute unter der Strahlenbelastung leiden, und ruft zu weiterer Hilfe auf.

Ehrenamtliche Hilfe unter dem Dach der Kirche

Die unter dem Dach der Evangelischen Landeskirche in Württemberg entstandene Gruppe hilft seit knapp 30 Jahren. Nach einem Jahr coronabedingter Zwangspause laufen die Hilfsleistungen nun wieder an. Die Lieferung von Medikamenten an die Kinderkrebsstation in Gomel wird wieder aufgenommen. Die „action medeor – die Notapotheke der Welt“ bereitet gerade eine Tranche im Wert von 30.000 Euro vor.

Die mehr als zwei Dutzend ehrenamtlich tätigen Mitglieder haben seit der Gründung des Vereins 1994 Spenden im Wert von weit mehr als fünf Millionen Euro gesammelt. Seit Sommer 2015 sind die „Freunde der Kinder von Tschernobyl“ Mitglied des bundesweit aktiven Vereins „Freunde von Nadeshda“, dem deutschen Träger des Kindererholungszentrums Nadeshda (www.nadeshda.by/de). Zu den Gründungsmitgliedern der „Freunde von Nadeshda“ zählen die Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie der Sozialdienst evangelischer Männer.

Erholungszeiten in sauberer Umgebung

Der Name des Kindererholungszentrums „Nadeschda“ bedeutet auf Deutsch Hoffnung. Es liegt am Wilejkasee bei Wilejka in Weißrussland (Belarus) und wurde im September 1994 gegründet. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen, die in Tschernobyl-verseuchten Gegenden Weißrusslands leben, Erholungszeiten in sauberer Umgebung im eigenen Land zu bieten. Träger des Zentrums ist eine Belarussisch-deutsche gemeinsame Gesellschaft.

Jugendliche aus der Kleinstadt Wetka bei Gomel werden auch in Deutsch unterrichtet.

Nadeshda ist ein Projekt internationaler Zusammenarbeit: Außer den deutschen Vereinen gibt es auch Unterstützer in Europa und in Japan. Die „Freunde der Kinder von Tschernobyl“ haben seit 1994 für das Freizeitzentrum rund 800 000 Euro aufgewandt. Mit weit mehr als der Hälfte dieser Summe wurden Freizeiten und Reha-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche finanziert. Unterstützt wird auch die psychosoziale Arbeit mit Eltern und jungen Patienten vor Ort. Und „die Hilfe für das Kinderzentrum Nadeshda ist wichtiger denn je und geht weiter“, heißt es in einer Mitteilung. Für Klaus Wagner, Sprecher des Vereins (www.tschernobyl-kinder-stuttgart.de), ist die Hilfe Ausdruck von Wertschätzung und Respekt für die Schwächsten, die am meisten Unterstützung benötigen.

Zu den letzten drei großen Investitionen, an denen sich der Verein beteiligte, gehören eine Solarstromanlage, mit der man umweltfreundlichen Strom erzeugt und die laufenden Betriebskosten senken kann. Außerdem ein Neubau, das „Medizinhaus“, das alle diagnostischen und therapeutischen Abteilungen in modernen Räumen zusammenfasst. Und in einem Sommer-Ferienlager beim Zentrum werden alte Holzhäuschen ersetzt unter Beteiligung des Vereins. Der erste Bauabschnitt ist jetzt eingeweiht worden. Zwei von fünf Häuschen stammen vom Verein.

Bleibende Folgen der Verstrahlung

Krebskranke Kinder und ihre Eltern schöpfen im Erholungszentrum neue Kraft

Rund 6000 Kinder aus den verstrahlten Gebieten erholen sich dort pro Jahr. Gerade Kinder und Jugendliche, die tagtäglich Strahlung ausgesetzt sind, leiden den Angaben zufolge unter gesundheitlichen Folgen. Viele haben ein schwaches Immunsystem, Erkrankungen der Atmungsorgane, des Verdauungstraktes, der Augen, des Herzens oder eine Unterfunktion der Schilddrüse und Diabetes. Dazu kommen unterschiedliche Krebsformen. Der Vorsitzende der „Freunde der Kinder von Tschernobyl“, Heinrich Korn, erinnert auch an die Verwüstungen im Zweiten Weltkrieg in Weißrussland durch deutsche Truppen. „Es steht uns gut an, etwas zurückzugeben“, sagt er.

Die Hälfte der Mittel des Vereins fließt in die medizinische Hilfe, dorthin, „wo Leben gerettet wird“, so Wagner. Dazu zählt die Leukämiestation für Kinder und Jugendliche in Gomel, die einzige im Südosten Weißrusslands. Der Erfolg des Engagements ist für den Journalisten unverkennbar. In 25 Jahren sei die Heilungsrate bei Leukämie fast auf westeuropäisches Niveau von etwa 80 Prozent gestiegen. Neben kleineren sozialen Projekten wie einer Selbsthilfegruppe von Eltern krebskranker Kinder ist ein weiterer Schwerpunkt der Hilfe das Kinderzentrum Nadeshda bei Minsk. Auch Urlauber aus dem In- und Ausland sind dort übrigens willkommen. Um die zusätzlichen Kosten für die ganzheitlichen Angebote des Zentrums zu finanzieren, nimmt Nadeshda selbst zahlende Gäste zur Erholung auf.

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